Syrien: Massaker an dutzenden Frauen und Kindern

Syrien: Massaker an dutzenden Frauen und Kindern
Regierungsnahe Milizen sollen in der Protesthochburg Homs knapp 60 Zivilisten getötet haben. Die Opfer sind größtenteils Frauen und Kinder.

Nur Stunden nachdem der UN-Sondergesandte Kofi Annan mit Syriens Präsident Bashar al-Assad über ein Ende der Gewalt verhandelt hat, ist es am Sonntagabend zu einem Massaker in der syrischen Stadt Homs gekommen. Dutzende Zivilisten wurden dabei getötet. Regierungsnahe Truppen sollen laut Regimegegnern 28 Kinder, 23 Frauen und sechs Männer auf brutale Weise getötet haben. Staatliche syrische Medien bestätigten das Massaker, machten jedoch "terroristische Banden" dafür verantwortlich. Die Tat wurde kurz vor neuen Beratungen des UN-Sicherheitsrats über die Lage in der arabischen Welt am Montag bekannt.

Der Syrische Nationalrat (SNC) der Opposition forderte nach den jüngsten Massakern die Einrichtung einer sogenannten sicheren Zone in Syrien. Angesichts der jüngten Verbrechen des Regimes in Homs sei es notwendig, die Stadt und die umliegenden Gebiete zu schützen. Die Arabische Liga, die Vereinten Nationen und die Organisation der islamischen Staaten müssten dringend einschreiten, um das Töten zu beenden.

Von Soldaten geschützt

Die Taten seien unter dem Schutz regulärer Soldaten von regierungsnahen Milizen verübt worden, erklärten Aktivisten. Die Regimegegner zeigten am Montag Videoaufnahmen von Kindern und Frauen, die in dem Viertel Karm al-Zeitoun mit Messern getötet und anschließend verbrannt wurden. Die staatlichen syrischen Medien machten für das Blutbad dagegen "terroristische Banden" verantwortlich. Diese hätten Dutzende Bewohner der Oppositionshochburg entführt und getötet, die Leichen verstümmelt und dann für die Zwecke der Zurschaustellung gefilmt. Aufgrund der schwierigen Situation für unabhängige Beobachter in Syrien konnten die Informationen von unabhängiger Seite nicht bestätigt werden. Die UN schätzen, dass seit Beginn des Aufstands gegen Assad vor einem Jahr mehr als 7.500 Menschen getötet wurden.

Weitere 24 Zivilisten sollen nach Angaben der Opposition in der Nacht auf Montag getötet worden sein, als sie versuchten, die Stadt Idlib zu verlassen. In einem Dorf im Bezirk Jabal al-Zawiya (Provinz Idlib) seien am Sonntagabend 35 Zivilisten "als Geiseln genommen worden". Die Regierungstruppen hätten damit gedroht, das Dorf Ain Laros erneut anzugreifen, wenn sich die Bewohner des Bezirks weigern sollten, Deserteure auszuliefern, die sich dort versteckt haben sollen. Bei der Explosion einer Autobombe vor einer Schule wurde am Montag in der syrischen Stadt Deraa (Daraa) außerdem eine Schülerin getötet und 25 weitere Menschen verletzt worden.

Das Regime des Präsidenten Assad will "bis zum Endsieg" kämpfen, wie der syrische Botschafter in Moskau, Riad Khadad, nach Angaben der Agentur Interfax am Montag erklärte. Allerdings kündigte er an, dass Damaskus einem von Russland und der Arabischen Liga vorgelegten Friedensplan zustimmen will. Der UN-Sondergesandte Annan hatte den Plan am Sonntag in Damaskus überreicht. Der Vorschlag sieht unter anderem ein Ende der Gewalt auf beiden Seiten sowie die Zulassung humanitärer Hilfe vor. Er schließt fremde Einmischung in den Konflikt aus.

Annan verhandelt

Annan hatte am Wochenende im Auftrag von Vereinten Nationen und Arabischer Liga mit Assad über ein Ende der Gewalt verhandelt. Ergebnisse gab es zunächst nicht, der ehemalige UN-Generalsekretär äußerte am Montag über einen Sprecher jedoch zuversichtlich, trotz der anhaltenden Gewalt auf dem richtigen Weg zu sein.

Die Gewalt in Syrien soll am Montagabend auch Thema einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats zur Lage der arabischen Welt sein. Am Rande der Sitzung der Außenminister der im Sicherheitsrat vertretenen Staaten war auch ein Treffen von US-Außenministerin Hillary Clinton mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow vorgesehen. Vor fünf Wochen hatten Russland und China eine UNO-Resolution zu Syrien blockiert. Die USA haben eine neue Resolution eingebracht, doch zweifeln sie an deren Annahme.

Im Vorfeld der Sitzung hatten Intellektuelle und Politiker aus aller Welt an den Sicherheitsrat appelliert, dem Morden Einhalt zu gebieten. Die Spaltungen in der internationalen Gemeinschaft hätten der Regierung von Präsident Assad "das falsche Gefühl der Sicherheit gegeben, gewalttätige Unterdrückung sei ein gangbarer Weg", hieß es laut der "Süddeutschen Zeitung" (Montag) in dem Schreiben von etwa 50 international bekannten Persönlichkeiten. Zu den Unterzeichnern gehören die früheren Präsidenten Deutschlands und Südafrikas, Richard von Weizsäcker und Frederik Willem de Klerk, der Philosoph Jürgen Habermas, die Schriftsteller Umberto Eco und David Grossmann, die Friedensnobelpreisträgerinnen Shirin Ebadi und Jody Williams sowie die russische Menschenrechtlerin Ljudmila Alexejewa.

In der Türkei zeichnet sich unterdessen angesichts der steigenden Zahl syrischer Flüchtlinge ein Kurswechsel in der Syrien-Politik ab. Eine mögliche Intervention in Syrien, die bisher von der Regierung ausgeschlossen wurde, wird in Ankara zunehmend Thema. Am Montag erwartete Ankara den UN-Sondergesandten Annan, der nach seinem Besuch in Damaskus am Montag auch Katar besucht hatte.

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