Kurden etablieren eigene Verwaltung im Norden
Die Truppen des syrischen Machthabers Bashar al-Assad haben sich aus der Region längst zurückgezogen, der neue Feind sind die Islamisten, sagte der Chef der syrischen Kurdenpartei PYD, Salih Muslim, im KURIER-Gespräch. Täglich würden sich die beiden Parteien Gefechte liefern, „aber wir verteidigen unser Haus“, so der 62-Jährige. Das „Haus“ – das seien 40.000 km² im Norden des Landes, wo 3,5 Millionen Kurden leben (andere Quellen weisen nur 1,5 Millionen aus).
Die syrischen Kurden, die keine militärische Schützenhilfe von der Bruderorganisation PKK erhielten, würden sich ihr Kriegsgerät auf dem syrischen „Schwarzmarkt“ beschaffen (mit finanzieller Unterstützung der kurdischen Diaspora in EU-Staaten). Die Dschihadisten würden mit Waffen über die Türkei versorgt werden, betonte Muslim, der in eigener Sache durch Europa tourt und dieses Woche in Wien Station machte. Laut seinen Angaben hatte er auch eine Unterredung mit hochrangigen Diplomaten im österreichischen Außenministerium.
Wahlen bis Anfang 2014
Er strebe ein demokratisches und föderal strukturiertes Syrien an, in dem die politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Rechte jeder Volks- und Religionsgruppe anerkannt sind. Einen souveränen Kurdenstaat wolle er laut eigenen Aussagen nicht.
Politische Lösung
Und der Weg dorthin? „Der Bürgerkrieg ist in einer Sackgasse, keine Seite kann ihn gewinnen. Eine internationale Militärintervention würde aber noch mehr Probleme schaffen. Was wir brauchen, ist eine Beendigung der Waffenlieferung an die Islamisten, unter anderem durch Saudi-Arabien, und eine politische Lösung“, formulierte der Kurden-Politiker. Voraussetzung dafür sei, dass zunächst die USA und Russland an einem Strang zögen – es gab Hinweise, dass beide Länder eine entsprechende UN-Resolution im Kern akkordiert haben. Dann aber müssten alle anderen involvierten Staaten ebenfalls an Bord geholt werden – der Iran, Saudi-Arabien, Katar, die Türkei. Letztlich müsse auch das Regime in Damaskus miteingebunden werden, denn „Assad wird nicht gehen“.
Syriens im Exil agierende Opposition (die Nationale Koalition SNC) ebenso wie die Führung der Freien Syrischen Armee (FSA) und die kämpfenden Rebelleneinheiten waren einander nie ganz grün – jetzt aber ist die Spaltung zumindest in Teilen vollzogen. In einem Schreiben mit dem symbolträchtigen Namen „Kommuniqué Nr. 1“ haben sich 13 Brigaden von der Rebellenarmee FSA losgesagt. „Kommuniqué Nr. 1“ ist ein Terminus, der vor allem im arabischen Raum oft von Putschisten benutzt wurde. Im jetzigen Fall bedeutet das Schreiben den vollzogenen Bruch einer beträchtlichen Anzahl bewaffneter Gruppen mit ihrer seit jeher schwachen – politischen, ebenso wie militärischen – Führung im Ausland.
In dem Schreiben sind Gründe dafür angeführt: So vor allem, dass man sich nur von solchen Personen vertreten fühlen könne, die für die Revolution auch Opfer gebracht hätten; und dass man nicht von Exil-Gruppen vertreten werden könne und diese daher auch nicht anerkenne. Gemeint sind FSA-Führung und die SNC. Unterzeichner sind großteils islamistische Brigaden. Alles in allem, so Schätzungen, einige Zehntausend Kämpfer.
Es ist ein schwerer Schlag für die auf westliche Militärhilfe zählende FSA; und ein Schlag ins Gesicht der seit jeher um Legitimität ringenden SNC. Letzteres vor allem, da eine Delegation der SNC gerade bei der UN-Vollversammlung in New York auf Unterstützung hofft. Die Spaltung kommt aber auch in Zeiten eskalierender Kämpfe zwischen Einheiten der FSA und islamistischen Brigaden. Vorgeworfen werden der FSA dabei vor allem Verbindungen zu westlichen Geheimdiensten.
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