Syrien: Aufständische kämpfen wieder

Syrien: Aufständische kämpfen wieder
Laut Kofi Annan herrsche im Land schon Bürgerkrieg. Russland und China lehnen weiterhin eine militärische Intervention ab. Syrien weist Diplomaten aus.

Syrien könnte bereits mitten in einem "blutigen, langwierigen, sektiererischen Bürgerkrieg" stehen, warnte UNO-Sondergesandte Kofi Annan am Montag. Möglicherweise sei nun die Zeit für die Staatengemeinschaft gekommen, um zu überprüfen, wie eine Umsetzung des internationalen Friedensplans erreicht werden könne. "Es ist die einzige Option am Tisch", betonte er.

Zuvor hatten die Aufständischen den von Annan ausgearbeiteten Friedensplan aufgekündigt und massive Angriffe auf Regierungstruppen gestartet. Sie fühlten sich laut eigenen Angaben nicht länger an die ohnehin nur auf dem Papier existente Waffenruhe gebunden. "Wir haben unsere Angriffe wieder aufgenommen", da sich auch die Regierung nicht an den Plan halte, sagte der Sprecher der Rebellentruppe, Major Sami al-Kurdi, am Montagabend dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira. Zunächst beschränke man sich aber auf Attacken zur Verteidigung. Aktivisten berichteten am Dienstag, dass die Kämpfe in den Hochburgen der syrischen Protestbewegung Idlib, Daraa und Damaskus-Land zugenommen hätten.

Laut Annans Plan sollte ab dem 12. April eine Feuerpause gelten. Diese wurde aber immer wieder verletzt. Die syrische Führung und die Rebellen machen sich gegenseitig dafür verantwortlich. Annan will dem UNO-Sicherheitsrat am Donnerstag Bericht erstatten. Bei dem seit etwa 15 Monaten anhaltenden Aufstand gegen Präsident Bashar al-Assad sind nach UNO-Angaben mehr als 10.000 Menschen getötet worden.

Unterdessen wird der Wiederaufbau Syriens nach einem möglichen Sturz Assads in Berlin geplant. Die "Gruppe der Freunde des syrischen Volks", die eine Beilegung des Konflikts vorantreiben will, richtete dafür eine Anlaufstelle in der deutschen Hauptstadt ein. Das bestätigte das Auswärtige Amt der "Financial Times Deutschland" vom Dienstag. Der Leiter des neu eingerichteten Sekretariats habe bereits seine Arbeit in Berlin aufgenommen, sagte eine Ministeriumssprecherin der Zeitung.

Die deutsche Regierung stehe hinter dem Projekt, "damit nach einem Ende der Gewalt nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich ein Neuanfang gelingt", sagte sie. Die Kosten des Sekretariats teilen sich demnach Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate.

USA: "Assad lügt"

Die USA haben al-Assad im Zusammenhang mit dem Massaker von Hula der Lüge bezichtigt. Die Regierung in Damaskus versuche, ihre Beteiligung an dem Blutbad mit mehr als 100 Toten zu verleugnen, sagte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Jay Carney, am Montag in Washington. Auf die Frage eines Journalisten, ob Assad die Weltgemeinschaft angelogen habe, antwortete Carney "Ja".

In einer Rede vor dem Parlament in Damaskus hatte der Staatschef am Sonntag einmal mehr das Ausland und "Terroristen" für die Gewalt verantwortlich gemacht und jede Beteiligung an dem Massaker von Hula Ende Mai zurückgewiesen. Einwohner der zentralsyrischen Kleinstadt machten dagegen regierungstreue Milizen für die Gräueltaten verantwortlich. Der UN-Menschenrechtsrat ordnete vergangene Woche bei einer Sondersitzung eine Untersuchung des Massakers an.

China und Russland lehnen militärischen Eingriff ab

Selbst die chinesische Führung geht auf Distanz zum syrischen Präsidenten. "Wir haben nicht vor, in Syrien irgendjemanden zu schützen, oder sind gegen irgendjemanden", sagte Chinas Chefdelegierter bei den Vereinten Nationen, Li Baodong, am Montag in New York. China fordere "beide Seiten" auf, "das Morden sofort zu beenden und umgehend den Friedensplan umzusetzen", sagte Li, der im Juni den Vorsitz des UN-Sicherheitsrates innehat.

Einen militärischen Eingriff lehnt China, aber auch Russland weiterhin ab. "Beide Seiten sind gegen eine ausländische Intervention in Syrien und gegen einen erzwungenen Regime-Wechsel", teilte das chinesische Außenministerium am Dienstag mit. Kurz zuvor war der russische Präsident Wladimir Putin zu Gesprächen in Peking eingetroffen.

Der Syrien-Konflikt müsse durch Verhandlungen zwischen den verschiedenen Gruppen im Land beigelegt werden, fügte ein Sprecher des Ministeriums hinzu. "China und Russland haben auf ihre Weise eine positive Rolle in der Syrien-Frage gespielt."

Syrien erklärte westliche Diplomaten zu unerwünschten Personen

Als Retourkutsche für die Ausweisung vieler Diplomaten, hat Syrien mehrere westliche Botschafter zu unerwünschten Personen erklärt. Diese halten sich allerdings nicht mehr in Syrien auf. In einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung des Außenministeriums in Damaskus hieß es, dies sei eine Reaktion auf die Ausweisung syrischer Diplomaten Ende Mai aus zahlreichen westlichen Staaten. Betroffen seien die Botschafter der USA, Frankreichs und Großbritanniens sowie die Geschäftsträger Deutschlands und Kanadas.

Österreich hält seine Botschaft in Damaskus weiter offen und wies den syrischen Botschafter in Österreich nicht aus. Das Außenamt erklärte, dies sei nicht möglich, da Botschafter Bassam Sabbagh sein Land vor der UNO vertrete und Österreich durch eine Ausweisung Völkerrecht verletzten würde.

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