Suspendierte Redakteure suchen Schuldigen in Wien

Suspendierte Redakteure suchen Schuldigen in Wien
"Nepszabadsag" stellte seinen österreichischen Eigentümer zur Rede.

"Hallo, ich bin Angestellter von Herrn Pecina", sagt Marton Gergely in die Gegensprechanlage eines Büros in der Wiener Innenstadt und wartet auf Antwort. Gergely ist stellvertretender Chefredakteur der größten ungarischen Tageszeitung Nepszabadsag. "Beurlaubt", wie er gern betont. Seit einer Woche gibt es das linksliberale Blatt nicht mehr. Offiziell aus wirtschaftlichen Gründen.

Gergely war mit acht weiteren Redakteuren in Wien, um seine Seite der Geschichte zu erzählen und einen in seinen Augen Verantwortlichen zur Rede zu stellen: Heinrich Pecina, Besitzer der Mediaworks AG, die ihrerseits Eigentümer der Zeitung Nepszabadsag ist.

Diese war für ihre Orban- und Fidesz-kritische Berichterstattung bekannt – bis sie am Samstag völlig überraschend und mit sofortiger Wirkung eingestellt wurde. Gergely sprach es bei seinem Wien-Besuch nicht aus, aber ließ durchklingen, dass er die Vorwürfe für plausibel hält, die Regierung habe das Blatt durch die Blockade staatlicher Inserate und Druck auf private Inserenten ausgehungert. Der KURIER berichtete.

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Marton Gergely, Nepszabadsag, Hungary

Stellungnahme

Heinrich Pecina war am Freitag für Gergely und seine Kollegen nicht zu sprechen. Doch die Redakteure forderten den Österreicher in einem Schriftstück auf, dazu Stellung zu nehmen, in welcher Form ihm die Einstellung der Zeitung nutze. Konkret sprachen sie ihm anhängige Strafsachen an sowie Rechtshilfe, die in diesem Zusammenhang von den ungarischen Behörden angefordert wurde. Seine Mediaworks AG plante, den ungarischen Verlag Pannon Lapok Társasága zu kaufen. Lange war das wettbewerbsrechtlich gar nicht möglich. Doch erst vor wenigen Tagen gab die Regierung plötzlich grünes Licht.

Mediaworks betonte am Freitag in einer Aussendung, dass Nepszabadsag aufgrund hoher Verluste "temporär suspendiert und nicht eingestellt wurde", man wolle eine "neue Form des Geschäftsmodells" erarbeiten. Gergely aber hielt fest, dass es eine Zeitung Nepszabadsag nicht mehr länger geben könne. "Wir wollen weiterarbeiten, wollen aber unangenehm bleiben", sagte er in Wien.

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