Streiks, Proteste, Not: Athen steckt noch immer in der Finanzkrise

Sorgenvolle Miene des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras.
Sparkurs: Griechenland braucht fünf Milliarden Euro; Gespräche mit Geldgebern abgebrochen; Premier Tsipras auf Tour in Europa.

Die derzeitige Reise des griechischen Premiers Alexis Tsipras nach Brüssel und Straßburg habe mit dem Abbruch der Verhandlungen mit den Gläubigern nichts zu tun, sagte eine Regierungsquelle in Athen zum KURIER. Am Mittwochabend besuchte er auch noch den französischen Präsidenten François Hollande in Paris.

Eine Reise nach Wien ist vorerst nicht geplant. Lange galt Kanzler Werner Faymann als einer der stärksten Unterstützer von Tsipras gegen weitere Sparmaßnahmen. Nachdem im Februar Österreich zum Auslöser für die Schließung der Balkanroute für Flüchtlinge nach Mittel- und Nordeuropa wurde, kippte die Stimmung zwischen Wien und Athen. Griechenland zog seine Botschafterin aus Österreich zurück.

Die Reisen nach Paris und Brüssel kommen dem griechischen Premier sehr gelegen. Um zwei Uhr in der Nacht auf Dienstag ist die jüngste Verhandlungsrunde zwischen Athen und seinen Gläubigern – die EU, EZB, ESM und IWF – abgebrochen worden. Seit Monaten versuchen sie, sich über die nächsten Sparmaßnahmen und Budgetziele zu einigen, damit Griechenland eine weitere Kreditrate bekommt.

Im vergangenen Sommer hatte Griechenland knapp den Staatsbankrott abgewendet. Die linksgerichtete Regierung von Premier Alexis Tsipras, der den Wählern ein Ende der Sparmaßnahmen versprochen hatte, sah sich damals gezwungen, ein drittes Sparprogramm mit den internationalen Gläubigern zu unterschreiben. Seine Regierung musste auch Finanzkontrollen einführen, um die Geldflucht aus heimischen Banken zu stoppen.

Griechenland steckt immer noch in der Finanzkrise. Die Gefahr eines Eurozone-Austrittes sei noch da, sagte vor kurzem IWF-Chefin Christine Lagarde: "Wir sind aus dieser Situation noch nicht herausgekommen."

Verzögerte Reformen

Die Evaluierung der Reformen schleppt sich seit Anfang Februar. Der Grund für die Verzögerung: Die Gläubiger streiten sich über die Höhe der Haushaltslücke – die EU rechnet mit drei Prozent und der IWF mit 4,5 Prozent bis 2018. Neben härteren Sparmaßnahmen will der Währungsfonds auch einen neuen Schuldenschnitt. Dagegen legt sich Deutschland quer.

Zugleich hat Athen Schwierigkeiten, weitere Sparmaßnahmen durchzusetzen. Tsipras hat nur eine knappe Mehrheit im Parlament für Reformen, die ohnehin politisch schwer für eine linke Regierung zu verkaufen sind. Dazu zählen weitere Pensionskürzungen und Steuererhöhungen. Vergangene Woche gab es erneut Massenproteste der Bevölkerung.

Die nächste Verhandlungsrunde ist für Montag geplant. Ein positiver Abschlussbericht würde Griechenland bis zu fünf Mrd. Euro bringen. Athen braucht das Geld für laufende Rechnungen und die nächste Schuldenzahlung von 3,5 Mrd. Euro an IWF und EZB.

Kommentare