SPD will Bundeswehr aus Türkei abziehen

Deutsche Tornado in Incirlik
SPD-Fraktion fordert in Beschluss sofortige Vorlage eines Verlegungsplans aus Incirlik.

Koalitionsstreit in Deutschland um den Bundeswehr-Abzug aus Incirlik: Die SPD-Bundestagsfraktion forderte am Dienstag in einem einstimmig gefassten Beschluss, die Bundesregierung müsse "unverzüglich die Verlegung" der Soldaten einleiten.

Unionsfraktionschef Volker Kauder warf dem Koalitionspartner vor, das Thema zu Wahlkampfzwecken zu missbrauchen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, es sollten wie vereinbart zunächst noch Gespräche mit der Türkei geführt werden.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) müsse dem Bundestag "sofort einen Verlegeplan für die Bundeswehreinheiten in Incirlik vorlegen", heißt es in dem Beschluss der SPD-Bundestagsfraktion. Der Besuch von Abgeordneten bei im Ausland stationierten Soldaten müsse jederzeit möglich sein. Gleichwohl begrüße die SPD-Fraktion "weitere hochrangige Gespräche zwischen der deutschen und der türkischen Regierung".

SPD will Bundeswehr aus Türkei abziehen
SPD-Chef Martin Schulz

Schulz: "Erdogan versucht, Deutschland unter Druck zu setzen"

SPD-Chef Martin Schulz sagte am Rande der Fraktionssitzung, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan versuche, Deutschland unter Druck zu setzen. Er verlange, dass die Bundesrepublik "asylpolitische Grundvoraussetzungen in Frage stellt", sagte Schulz mit Blick auf die hierzulande anerkannten Asylanträge türkischer Soldaten, die der Grund für das jüngste Besuchsverbot sein dürften. Ankara wirft den Soldaten Beteiligung am Putschversuch in der Türkei im Juli 2016 vor.

Die Türkei hatte Bundestagsabgeordneten wiederholt die Reise zum Stützpunkt Incirlik verweigert. Von dort aus beteiligt sich die Bundeswehr mit Aufklärungs-Tornados und Tankflugzeugen am Kampf gegen die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).

Versuche von Union und SPD, sich auf eine gemeinsame Haltung zu einigen, blieben am Dienstagvormittag ohne Erfolg. Die CDU hatte zuvor vor Schnellschüssen gewarnt.

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Kauder: "SPD will jeden Strohhalm ergreifen"

Unionsfraktionschef Kauder nannte den Beschluss der SPD-Fraktion "bemerkenswert", weil sie damit Außenminister Sigmar Gabriel in den Rücken falle, der noch einmal mit der Türkei in Sachen Incirlik verhandeln wolle. Die SPD "will jeden Strohhalm ergreifen, um öffentliche Aufmerksamkeit zu erreichen", spottete Kauder und verwies auf die anhaltend schlechten Umfragewerte des Koalitionspartners.

Merkel verwies am Dienstag darauf, dass beim NATO-Gipfel vergangene Woche vereinbart worden sei, die Gespräche mit Ankara fortzusetzen. "Während der nächsten Sitzungswochen" werde dann eine Entscheidung getroffen, wie es weitergeht, sagte die Kanzlerin. Die nächste Sitzungswoche des Bundestags beginnt am 19. Juni. Sie betonte zugleich, es sei für sie "völlig unbestritten, dass der Zugang unserer Parlamentarier zu unseren Soldaten in der Türkei gewährleistet werden muss".

Die Opposition aus Linken und Grünen forderte den sofortigen Abzug der Bundeswehrsoldaten aus Incirlik. Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte, die Soldaten müssten "schon heute abgezogen sein". Die große Koalition habe verhindert, dass ein Antrag der Opposition auf sofortigen Abzug bereits in dieser Sitzung zur Abstimmung gestellt werde.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der Bundesregierung "unerträgliches Lavieren" vor. Merkel gehe "auf Kuschelkurs mit der türkischen Regierung". Deutschland lasse sich die Bedingungen für den Bundeswehreinsatz von Erdogan diktieren. "Das ist eine Missachtung des Parlaments", sagte Göring-Eckardt. Den SPD-Beschluss nannte sie eine "Show, da er folgenlos bleiben wird".

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