Bratušek: "Wir lösen unsere Probleme selbst"

REFILE - ADDITIONAL INFORMATION Slovenia's Prime Minister Alenka Bratusek speaks during a news conference in Ljubljana May 9, 2013. Slovenia pledged on Thursday to sell 15 state firms including its second largest bank, biggest telecoms operator and national airline under a crisis package to avert an international bailout. REUTERS/Srdjan Zivulovic (SLOVENIA - Tags: POLITICS BUSINESS)
Sloweniens Regierungschefin über die Wirtschaftskrise, Bad Banks und Kärntens neue Atmosphäre.

Heute kommt Sloweniens Ministerpräsidentin Alenka Bratušek zu einem offiziellen Besuch nach Österreich, wo sie Bundeskanzler Werner Faymann trifft. Dem KURIER gab sie vorab ein Interview.

KURIER: Frau Ministerpräsidentin, muss Slowenien unter den Rettungsschirm flüchten?

Alenka Bratušek: Mit unserem Nationalen Reformprogramm und den Stabilitätspakt wollen wir eine internationale Rettungsaktion verhindern. Wir lösen unsere Probleme selbst. Entscheidungen über die Zukunft unseres Landes und über unsere Souveränität geben wir nicht aus der Hand.

Wer trägt die Last der Krise?

Alle spüren diese Last. Mir ist die soziale Balance wichtig, die Belastungen müssen fair verteilt sind. Dabei wird sich zeigen, welchen Stellenwert Solidarität als gemeinsamer Wert hat.

EU-Beamte sagen, dass Ihr Reformpaket nicht reicht.

Das sind ungerechtfertigte Spekulationen, die auf unsere Kosten gemacht werden. Die EU-Kommission hat unseren Weg bestätigt. Die vorgeschlagenen Maßnahmen werden wir erfüllen.

Ein Kritikpunkt ist der Not leidende Bankensektor. Sloweniens Banken sitzen auf faulen Krediten von sieben Milliarden Euro. Was wollen Sie tun?

Die Banken mit frischen Kapital ausstatten, dafür brauchen wir 900 Millionen Euro. Problemkredite von vier Milliarden Euro werden in eine Bad Bank ausgelagert. Die zweitgrößte Bank NKBM wird privatisiert.

Der Internationale Währungsfonds sagt, dass Slowenien für die Budgetsanierung drei Milliarden Euro noch 2013 braucht. Woher nehmen Sie das Geld?

Die Privatisierung von staatlichen Unternehmen ist eingeleitet. Es geht dabei nicht nur um den höchsten zu erzielenden Preis, sondern auch um Nachhaltigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und die Sicherstellung öffentlicher Dienstleistungen. Es wird sicher keinen Ausverkauf geben. Geplant sind Ausgabenkürzungen und die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 20 auf 22 Prozent ab 1. Juli. Ich hoffe, dass das Parlament noch im Juni den Privatisierungsmaßnahmen zustimmt.

Man sagt, Slowenien sei eine Steueroase. Ist das Ihr Geschäftsmodell?

Definitiv nein. Wir sind eine Export-orientierte Wirtschaft und keine Steueroase.

Was erwarten Sie sich vom neuen EU-Mitglied Kroatien?

Stabilität in der Region. Kroatien und Slowenien werden die EU-Integration Südosteuropas vorantreiben. Die Grenzen am Balkan müssen fallen. Slowenien ist in Kroatien Investor Nummer 2 (nach Österreich, Anm.). Unsere Wirtschaft wird vom Wegfall der Zölle und anderen Hürden profitieren. Kroatien gehört dann zum EU-Binnenmarkt.

Haben Balkanländer eine realistische EU-Chance?

Auf jeden Fall. Das ist ja nicht nur ein Vorteil für die EU, sondern für die Länder selbst. Jeder Schritt nach Europa, jede Reform, Rechtsstaatlichkeit, das Funktionieren der Institutionen, bringt die Länder weiter, macht sie demokratischer und für Investoren attraktiver. Das Abkommen zwischen Belgrad und Priština ist mutig und zeigt, wo die politischen Prioritäten Serbiens und des Kosovos liegen. Allerdings: Die Beitrittskriterien sind hart und müssen strikt erfüllt werden. Auf der anderen Seite muss sich auch die EU anstrengen, sie darf den Erweiterungsprozess nicht unnötig in die Länge ziehen.

Sind die Rechte der Kärntner Slowenen vollständig erfüllt?

Die slowenische Minderheit ist für uns ein wichtiges Element in den bilateralen Beziehungen. Wir erwarten noch weitere Schritte der Umsetzung des Artikel 7 des Staatsvertrages, der den Status und die Rechte der Kärntner Slowenen festschreibt. Die neue Kärntner Landesregierung muss alle nötigen Schritte unternehmen, die Rechte der Minderheit zu erfüllen. Uns freut jedenfalls die neue politische Atmosphäre in Kärnten.

Ein Misstrauensantrag des slowenischen Parlaments gegen den korruptionsverdächtigen konservativen Premier Janez Jansa katapultierte Oppositionschefin Alenka Bratušek gleichsam über Nacht an die Macht. Die 43-jährige, als unkorrumpierbar geltende Finanzexpertin wurde im März als erste Frau im Regierungsamt Sloweniens angelobt. Auch den Vorsitz ihrer Partei „Positives Slowenien“ hatte sie geerbt, weil deren früherer Chef Jankovic wegen Korruptionsvorwürfen gehen musste.

Die verheiratete Mutter zweier Kinder, die Management studiert hat, lebt im Städtchen Kranj, wo sie früher als Kommunalpolitikerin tätig war. Unter drei Regierungen hat sie im slowenischen Finanzministerium sechs Jahre lang die Budgetdirektion geleitet.

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