Sieben Jahre Haft für drei Al-Jazeera-Reporter

Li-re: Al-Jazeera-Journalisten Peter Greste, Mohammed Fahmy und Baher Mohamed
Auch 80 Muslimbrüder in Ägypten zu lebenslanger Haft verurteilt.

Im international kritisierten Prozess gegen Journalisten des arabischen Nachrichtensenders Al-Jazeera in Ägypten hat ein Gericht am Montag lange Haftstrafen verhängt. Drei angeklagte Journalisten wurden zu jeweils sieben Jahren Haft verurteilt. Weitere 15 Angeklagte wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Ihnen wurde Unterstützung der als inzwischen verbotenen Muslimbruderschaft vorgeworfen.

Zu je sieben Jahren Haft wurden der australische Journalist Peter Greste, der ägyptisch-kanadische frühere Al-Jazeera-Bürochef Mohammed Fadel Fahmi und der Ägypter Baher Mohammed verurteilt. Letzterer erhielt zudem eine zusätzliche dreijährige Haftstrafe und soll somit für insgesamt zehn Jahre ins Gefängnis.

Die drei Journalisten sitzen seit fast 160 Tagen in Untersuchungshaft. Insgesamt waren 20 Menschen angeklagt, darunter fünf ägyptische Studenten und weitere Journalisten, die sich außer Landes aufhalten. Vier weitere der festgenommenen Angeklagte erhielten siebenjährige Haftstrafen, zwei andere wurden freigesprochen. Elf Personen wurden in Abwesenheit zu jeweils zehn Jahren Haft verurteilt - unter ihnen zwei britische Al-Jazeera-Mitarbeiter und ein niederländischer Radiojournalist. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Vorwürfe

Insgesamt waren in dem Prozess vier Ausländer und 16 Ägypter angeklagt. Die Ausländer sollen "falsche Nachrichten" verbreitet haben. Den Ägyptern wurde Mitgliedschaft in der Muslimbruderschaft vorgeworfen. Der am 20. Februar begonnene Prozess ist Teil des Vorgehens gegen die islamistische Bewegung. Das Verfahren nährt die Sorgen um die Pressefreiheit in Ägypten.

Der im Emirat Katar ansässige Sender Al-Jazeera verurteilte die Entscheidungen als "ungerecht". Die australische Außenministerin Julie Bishop zeigte sich "empört" über das Urteil gegen Greste. Ihr niederländischer Kollege Frans Timmermans erklärte, mit seinen EU-Kollegen in Luxemburg über die Thematik beraten zu wollen.

Auch Prozessbeobachter von Amnesty International äußerten Unverständnis über die Urteile. Der Menschenrechtsanwalt Mohammed Lutfi sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Die Verteidigung hat die Unschuld der Angeklagten sehr gut dargelegt." Die konfiszierten Videos bestanden seinen Angaben nach aus Aufnahmen, "die jeder Journalist in Ägypten" machen würde. Die Journalisten sehen sich als Opfer des politischen Disputs zwischen Ägypten und Katar. Einige von ihnen sitzen bereits seit Dezember 2013 in Untersuchungshaft. Im vergangenen Herbst haben Ägyptens Behörden wegen angeblich positiver Berichterstattung über die Muslimbruderschaft die Schließung des Tochterkanals Al-Jazeera-Live-Ägypten angeordnet. Dieses Verfahren läuft derzeit noch.

London empört

Großbritannien hat sich Ägypten gegenüber empört über die Verurteilung geäußert. Ägyptens Botschafter in London, Ashraf Elkholy, wurde ins Außenministerium zitiert, wie Außenminister William Hague via Twitter mitteilte. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RoG) sprach am Montag von einem "Tiefschlag für die Pressefreiheit".

"Wir sind besonders besorgt über prozessuale Punkte, auch darüber, dass die Kern-Beweismittel der Anklage den Verteidigern nicht zugänglich gemacht wurden", sagte eine Sprecherin der Downing Street am Montag in London. Premierminister David Cameron sei "vollkommen empört". Auch Hague zeigte sich entsetzt.

"Das ist sehr enttäuschend", sagte der britische Botschafter James Watt der Nachrichtenagentur Reuters zum Urteil. Ohne Pressefreiheit habe die Demokratie keine Grundlage. Die ägyptischen Behörden bestreiten, dass der Fall ein Eingriff in die Pressefreiheit sei. Die Journalisten seien aufgefallen, weil sie ohne gültige Akkreditierung gearbeitet hätten.

Vorgehen gegen Muslimbrüder

Seit dem Sturz des islamistischen Staatschefs Mohammed Mursi durch die Armee im vergangenen Juli geht das Militär mit großer Härte gegen dessen Anhänger vor. Bei der Niederschlagung von Protesten wurden mehr als 1.400 Menschen getötet, etwa 15.000 Menschen wurden festgenommen, darunter praktisch die gesamte Führung der Muslimbrüder, denen Mursi entstammt.

Die einflussreiche Bewegung selbst wurde im Dezember verboten. Hunderte ihrer Anhänger wurden in international kritisierten Massenprozessen zum Tode verurteilt. Experten gehen davon aus, dass die meisten Urteile in Berufungsverfahren kassiert werden, weil elementare Rechte der Angeklagten missachtet wurden.

Zum Nachfolger Mursis wurde zuletzt mit 96,9 Prozent der Stimmen der frühere Armeechef Abdel Fattah al-Sisi gewählt. An ihn richtet sich die Erwartung, dass er das Land nun befriedet. Allerdings sind mit der politischen Entwicklung nicht nur die Muslimbrüder unzufrieden, sondern auch zahlreiche Menschen, die eine Demokratisierung fordern.

142 Muslimbrüder verurteilt

Ein Gericht in der ägyptischen Stadt Mansura hat mindestens 80 Anhänger der verbotenen Muslimbruderschaft zu lebenslanger Haft verurteilt. Ihnen seien Mord, Behinderung der Polizei und die Blockade von Straßen vorgeworfen worden, verlautete am Montag aus Justizkreisen. Gegen 62 weitere Muslimbrüder seien Haftstrafen zwischen drei und zehn Jahren verhängt worden.

Am Samstag hatte ein Gericht in der südägyptischen Stadt Minja die Todesurteile gegen 200 Anhänger der Bruderschaft bestätigt, darunter auch gegen ihren Chef Mohammed Badie. Seit dem Sturz Mursis gehen die Behörden mit großer Härte gegen die Muslimbrüder vor. Hunderte Anhänger wurden getötet, Tausende Mitglieder und Sympathisanten inhaftiert.

Kommentare