Schwarz-grüne Allianz: Kiffen für die Finanz

Eine der vielen Demos zur Legalisierung des Cannabis-Anbaus nicht nur zu medizinischen Zwecken.
Abgeordnete von CDU und Grünen plädieren für die kontrollierte Freigabe. Gesundheitsminister Gröhe nicht.

Selten bekam Grünen-Chef Cem Özdemir mehr Aufmerksamkeit: Im Internet-Video seines seinerzeitigen "Ice Bucket Challenge" (Eiskübel-über-den-Kopf-Schütten für einen guten Zweck) stand auf seiner Berliner Terrasse eine mannshohe Hanfpflanze. Irrtümlich. Özdemir rang in mehreren Versionen ("Eine Besucherpflanze") um eine Erklärung im zuerst amüsierten und später immer hämischeren Netz. Und zuletzt vor dem Staatsanwalt nach Aufhebung der Immunität. Der stellte später das Verfahren wegen Geringfügigkeit ein. Mühsam drehte Özdemir danach den Spieß um: Das zeige, wie überfällig der straffreie Anbau von Cannabis sei.

Mehr als die Grünen, nämlich mit trickreichem Anbau auf öffentlichem Grund in Berlin, setzten sich nur die inzwischen schon wieder fast versunkenen Piraten dafür ein. Die SPD zögerte, der Sympathie ihres linken Flügels dafür nachzugeben, und aus der Union war bisher fast nur Widerstand zu vernehmen: Marihuana war für CDU und CDU bisher immer ein Rauschgift mit zu vielen schädlichen Nebenwirkungen, das verboten bleiben sollte.

Umso mehr überraschte der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU, Joachim Pfeiffer, mit einer Initiative gemeinsam mit seinem grünen Bundestagskollegen Dieter Janecek. Sie plädieren nun für die regulierte Freigabe von Cannabis: "Zwischen ein und zwei Milliarden Euro geben wir in der Folge pro Jahr für die Strafverfolgung von Konsumenten aus, obwohl doch der eigentliche kriminelle Sektor im Zentrum unserer Anstrengungen stehen sollte." Trotzdem gelinge das Unterbinden der Nachfrage in der Praxis nicht.

US-Beispiel

Pfeiffer verwies auf die Freigabe von Cannabis in manchen Staaten der USA und die Diskussion im italienischen Parlament. Er und Janecek berufen sich auch auf deutsche Wirtschaftswissenschaftler, die sich aus der kontrollierten Abgabe Steuereinnahmen von bis zu 3,5 Milliarden Euro erhoffen, eine Größenordnung wie beim Alkohol. Hauptargument der Abgeordneten für niedere Preise für die Droge ist aber das Verschwinden des Schwarzmarkts und damit des kriminellen Elements.

Und das deutsche Gesetz ist jetzt schon ein merkwürdiger Zwitter: Der Konsum von Haschisch ist straffrei, der Anbau und der Handel damit wird je nach Bundesland unterschiedlich hart geahndet. Wer mehrfach beim Anbau erwischt wird, muss mit empfindlichen Geld- und eventuell sogar Haftstrafen rechnen, in Bayern mehr als in Berlin. Dazu kommt, dass schon seit März Selbstanbau und Kauf von Cannabis-Präparaten in Apotheken für chronische Schmerzpatienten legalisiert sind.

Viele Mediziner warnen allerdings weiterhin vor den Folgen eines exzessiven Cannabiskonsums von Jugendlichen, obwohl der Dauerkonsum legaler Drogen wie Alkohol oder Nikotin als genauso gesundheitsschädlich gilt. Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung behauptet sogar, dass jeder vierte deutsche Jugendliche bereits Cannabis probiert habe.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der zum konservativeren Flügel der Union zählt, ist denn auch weiter strikt gegen die Legalisierung von Cannabis. Er könne "keine Tendenz in der Union insgesamt feststellen, einer Freigabe von Cannabis das Wort zu reden", blockte der enge Vertraute von Kanzlerin Merkel sofort ab. Ob dieser Zustand von Dauer ist, daran zeigt nicht nur Özdemir demonstrative Zweifel.

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