Schulplätze für alle syrischen Kinder

Syrische Flüchtlingskinder im Lager Zaartari, Jordanien.
70 Staats- und Regierungschefs geben neun Milliarden Euro für Syrienhilfe frei.

Den 70 Staats- und Regierungschefs, die gestern in London zur großen Syrienhilfe-Geberkonferenz zusammentrafen, stellte der britische Premier David Cameron ein klares Ziel in Aussicht: Alle syrischen Flüchtlingskinder sollen bis Anfang nächsten Jahres wieder einen Schulplatz haben. Was einfach klingt, ist eine riesige finanzielle und logistische Herausforderung. Zwei Millionen Kinder in Syrien können derzeit nicht zur Schule gehen, weil Gebäude zerbombt, Lehrer verschwunden sind oder getötet wurden oder weil sie, wie 6,5 Millionen Syrer, Flüchtlinge im eigenen Land sind.

In den Nachbarländern Jordanien, Libanon und Türkei wurden zwar Hunderttausende Kinder in Schulen aufgenommen, für mindestens 700.000 aber gibt es keine Plätze mehr. Die Kinder, sagte Cameron, müssten allein schon deshalb Ausbildung bekommen, um nach ihrer Rückkehr ihr Land wieder aufbauen zu können.

Mindestens 1,2 Milliarden Euro sind für die Verwirklichung dieses Ziels nötig, schätzt das UNO-Kinderhilfswerk UNICEF. Um die 4,6 Millionen syrischen Flüchtlinge im arabischen Raum und in der Türkei sowie die rund 6,5 Millionen Vertriebenen innerhalb Syriens zu versorgen, sind laut Schätzungen der UNO heuer aber mindestens neun Milliarden Euro vonnöten. Am Donnerstag teilte der britische Premier mit, dass Zusagen über die zu erreichende Geldsumme eingegangen sind. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sprach von einem sehr großen Erfolg: "Noch nie wurde so viel Geld an einem Tag für eine einzelne Krise gesammelt.

Viele Versprechen

An Versprechen mangelte bei der Geberkonferenz in London zuvor nicht: Die USA sagten für heuer umgerechnet 920 Millionen Euro zu. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten wollen drei Milliarden Euro für die Syrien-Hilfe locker machen. Aus Österreich brachte Kanzler Werner Faymann die Zusage für insgesamt 60 Millionen Euro bis zum Jahr 2019 mit: "Österreich hält seine Zusagen. Wir haben 60 Millionen Euro an Mittel beschlossen für heuer und die Folgejahre. Wir sind mit mehr als 40 Millionen Euro bei den Mitteln, die die Europäische Union beisteuert, dabei. Das sind mehr als 100 Millionen – die muss man erst einmal verdienen, um sie auszugeben."

Schulplätze für alle syrischen Kinder
Geht es nach den peniblen Berechnungen der internationalen Hilfsorganisation Oxfam, waren die Versprechungen Österreichs bisher immer größer als die tatsächlich geleisteten Finanzhilfen. Demnach zahlte Österreich im Vorjahr knapp 25 Millionen Euro in die Syrien-Hilfe der UNO ein – hätte aber kraft seiner Wirtschaftsleistung locker das Doppelte aufbringen können ("fair share"), schreibt die NGO. Auch heuer wird Österreich diesen "gerechten Anteil" an der notwendigen internationalen Syrien-Hilfe nicht erreichen.

Laut Oxfam hat demnach das ölreiche Kuwait im Vorjahr den "fairsten Anteil" geleistet (siehe Grafik), gefolgt von Norwegen und Luxemburg. Weit hinter ihren Möglichkeiten blieben hingegen Saudi-Arabien und Katar.

Im Vorjahr hatte eine Geberkonferenz einen finanziellen Bedarf von rund acht Milliarden Euro für die syrischen Kriegsopfer ergeben. Viele Länder aber hielten sich nicht an ihre Zusagen – und nur die Hälfte der versprochenen Mittel sind jemals eingetroffen.

Wenn UN-Vermittler Staffan de Mistura von einer „vorübergehenden“ Unterbrechung spricht, so ist das einigermaßen optimistisch formuliert. Denn nach der „vorübergehenden“ Unterbrechung der Syrien-Gespräche in Genf liegen einander sowohl die USA und Russland als auch naturgemäß die syrische Regierung und die Vertreter der Opposition mehr in den Haaren als vor der Genf-Runde. In sehr scharfen Worten gab US-Chefdiplomat John Kerry Russland sowie der syrischen Regierung die Schuld am Scheitern der Gespräche. Moskau wiederum rief zu einer raschen Fortsetzung der Verhandlungen auf.

Am 11. Februar, im Vorfeld der Münchner Sicherheitskonferenz, wollen Kerry und Russlands Außenminister Sergej Lawrow nun zusammentreffen. Die Rede war davon, dass dringend notwendige Schritte unternommen werden müssten, um die Gespräche wieder in Schwung zu bringen. Aber Schwung hatten sie noch gar nicht.

Erklärtes Ziel waren Direktgespräche zwischen Syriens Regierung und der Opposition. Doch erst zögerte das Hohe Verhandlungskomitee der Opposition (HNC) und kam Tage zu spät. Mistura hatte seit vergangenem Freitag versucht, Syriens Regierung auf Gespräche einzuschwören. Seit Montag dann auch die Opposition. Vergeblich.
Armeeoffensive Und dann startete die Armee eine Offensive nahe Aleppo und kappte einen zentralen Versorgungsweg der Rebellen. Damit zieht sich der Kreis um die zwischen Rebellen und Armee geteilte Stadt enger. Entsprechend groß ist der Ärger beim HNC, das ursprünglich ein Ende der Angriffe zu Boden und zu Luft zur Bedingung für ihre Teilnahme in Genf gemacht hatte und erst nach langem Zögern kam. Wie ein HNC-Vertreter jetzt sagt, fordert man nun die komplette Einstellung aller Offensiven, die Freilassung Tausender Inhaftierter sowie humanitären Zugang zu belagerten Orten.

Hinzu kommt die Verbitterung der internationalen Teilnehmer. Frankreichs Außenminister Fabius machte direkt Syriens Regierung als auch ihre „Unterstützer“ für das Scheitern verantwortlich, die die Gespräche „torpediert“ hätten. Syriens Regierung nannte wiederum „Vorbedingungen“ der Opposition als Grund.
Der Plan ist nun: Am 25. Februar sollen die Verhandlungen weitergehen. Aber: Je größer die militärischen Erfolge einer Seite, desto geringer die Aussicht, dass diese Zugeständnisse macht und Gespräche zu einem Ergebnis führen.

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