"Schmähkritik": Erdogan geht in Berufung
Im Streit zwischen Recep Tayyip Erdogan und Jan Böhmermann um dessen Gedicht "Schmähkritik" will der türkische Staatspräsidenten nach Informationen von Spiegel Online das Urteil des Landgerichts Hamburg anfechten. Erdogans Kölner Anwalt Mustafa Kaplan habe Berufung eingelegt, berichtete das Online-Portal
In Teilen verboten
Das Landgericht hatte am 10. Februar einer Klage des türkischen Präsidenten teilweise stattgegeben. Die Pressekammer verbot dem Satiriker, "ehrverletzende" Verse des gegen Erdogan gerichteten Gedichts zu wiederholen. Erdogan will den Beitrag aber komplett verbieten lassen und startet deswegen aktuell einen neuen Anlauf.
Böhmermann wiederum sah das teilweise Verbot als Einschränkung seiner Grundrechte" und hatte bereits im März Berufung eingelegt. "Man kann ein Kunstwerk nicht in Einzelteile sezieren", lautete damals die Argumentation.
"Beleidigungsorgie" gegen Erdogan und Türken
Laut dem dem Spiegel vorliegenden Dokument handele sich um eine "Beleidigungsorgie mit Worten, die den Kläger genauso treffen sollten, wie in Deutschland lebende Türken seit Jahrzehnten rassistisch beleidigt werden - insbesondere durch rechtsextremistische Kreise". Beleidigungen mit sexistischem Inhalt gelten in der türkischen Gesellschaft als "besonders schwerwiegend".
Erdogan werde von Böhmermann "nicht kritisiert, sondern als Person entwertet. Er wird in seiner Würde als Mensch entkleidet. Schwerwiegender kann eine Persönlichkeitsverletzung wohl kaum sein". Der Anwahlt spricht dem Gedicht zudem ab, Satire zu sein. Daher falle es nicht unter die Kunstfreiheit. Die Kunstform werde lediglich als Vehikel missbraucht, um Erdogan zu beleidigen.
Gesamtkontext
Böhmermann wiederum hatte in seiner Berufung argumentiert, das Gericht habe den aktuellen Gesamtkontext nicht berücksichtigt. Erdogan schränke die Grundrechte in der Türkei systematisch ein und lasse Kritiker und Journalisten inhaftieren. "Das übersteigerte Ehrempfinden" Erdogans dürfe ebenso wenig zum Maßstab des deutschen Rechtsstaates werden wie persönlicher Humorgeschmack oder strategische Erwägungen der Politik.
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