Geschichtsbuch: Orban gründete das "moderne Ungarn"

Viktor Orban, Premier Ungarns
Der Präsident der Vereinigung der Geschichtslehrer kritisiert das neue Schulbuch. Der Verleger hingegen sieht darin kein Problem.

In Ungarn ist ein neues Geschichtsbuch, das Premier Viktor Orban als "Gründungsfigur des modernen Ungarn" würdigt, auf scharfe Kritik gestoßen. Der Präsident der Vereinigung der Geschichtslehrer (TTE), Laszlo Miklos, sagte dem Nachrichtenportal Index.hu am Donnerstag, das Buch "hätte niemals den Weg in die Hände von Kindern finden dürfen". Es erinnere an die Zeiten des "alten Regimes", sagte Miklos mit Blick auf die kommunistische Ära.

Das Buch, das zum Beginn des neuen Schuljahres unter 14-Jährigen verteilt wurde, enthält zahlreiche Fotos und Erwähnungen Orbans. Der Rechtspopulist hatte Ungarn von 1998 bis 2002 regiert und ist erneut seit 2010 an der Macht. Das Schulbuch enthält auch eine Rede Orbans vor dem EU-Parlament von 2015, in der er vor der Gefahr für die "Homogenität" der ungarischen Kultur durch die Masseneinwanderung gewarnt hatte. Diese sei von den früheren "Kolonialmächten" Westeuropas beförderten befördert worden.

"Professionell inakzeptabel"

Miklos kritisierte, dass die Aufnahme einer erst kürzlich gehaltenen politischen Rede in ein Geschichtsbuch, ohne den weiteren Kontext zu nennen, "professionell inakzeptabel" sei. Während sich die Regierung zunächst nicht zu der Kritik äußerte, verteidigte der Verleger Jozsef Kaposi das Buch. Es erlaube den Schülern, historische wie aktuelle Fragen anzugehen, ohne ihnen dabei Antworten vorzuschreiben, sagte Kaposi Index.hu.

In dem Buch heißt es, linke Ideologie zeichne sich "durch Radikalismus" aus, während rechte Politik "die Werte der Vergangenheit schützt". Orban ist seit Jahren eine prägende Figur der ungarischen Politik, doch wird ihm vorgeworfen, durch tiefgreifende Eingriffe in Justiz und Medien deren Unabhängigkeit beschnitten zu haben. Auch wird ihm vorgehalten, kulturelle und zivilgesellschaftliche Institutionen mit Anhängern seiner rechten Partei besetzt und kritische Stimmen ausgeschaltet zu haben.

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