Saudischer Kronprinz droht Intimfeind Iran unverhohlen

Kronprinz Mohammed bin Salman, 32, zeigt auch nach innen Härte
Zuspitzung der Spannugnen im Mittleren Osten. Angriff aus Jemen war ein "Kriegsakt".

Nach innen mischt er das Establishment Saudi-Arabiens gehörig auf, lässt potenzielle Rivalen einsperren und sagt der konservativen Geistlichkeit den Kampf an. Und jetzt hat der draufgängerische junge Kronprinz Mohammed bin Salman, 32, auch außenpolitisch nochmals einen Gang zugelegt. Die Tatsache, dass am Wochenende eine Rakete aus dem Jemen Richtung Riad abgefeuert wurde – vermutlich von Houthi-Rebellen, die von Teheran unterstützt werden – bezeichnet Außenminister Adel Jubair als einen "Kriegsakt" seitens des Iran. Damit haben die Spannungen zwischen den beiden Regionalmächten, die um die Vorherrschaft im Mittleren Osten rittern, einen neuen Höhepunkt erreicht.

"Schlacht im Iran"

Die Verantwortlichen in Teheran könnten nicht Raketen schicken "und von uns erwarten, dass wir keine Schritte" dagegen unternehmen", führte der saudische Chefdiplomat aus. Bereits zuvor hatte MbS, wie Mohammed bin Salman, in der Presse genannt wird, die Leitlinie vorgegeben: "Wir werden nicht warten, bis die Schlacht in Saudi-Arabien tobt, stattdessen werden wir daran arbeiten, dass die Schlacht im Iran stattfindet."

Das sunnitische Königshaus in Riad wirft dem schiitischen Iran vor, seinen Einflussbereich über den Irak, Syrien bis hin in den Libanon, wo Teheran die Hisbollah-Miliz unterstützt, auszubauen. Besonders schmerzt Saudi-Arabien freilich der schiitische Brückenkopf im Jemen (durch die Houthi-Aufständischen).

Trump stärkt Salam den Rücken

Rückendeckung für seinen harten Anti-Iran-Kurs erhält der Kronprinz, der jetzt schon alle Zügel in dem ölreichen Wüstenstaat in der Hand hält, aus dem Weißen Haus. Jared Kushner, Schwiegersohn und Berater von US-Präsident Donald Trump, war heuer schon drei Mal bei dem Verbündeten – gegen das Mullah-Regime in Teheran. "Ich habe großes Vertrauen in König Salman und den Kronprinzen von Saudi-Arabien, sie wissen genau, was sie tun", twitterte Trump am Dienstag. Er bezog sich dabei auf die massive Verhaftungswelle im Land vom vergangenen Wochenende.

Laut US-Angaben wurden rund 500 Menschen festgesetzt, darunter mindestens elf Prinzen, Vertreter der Business-Elite und des Hardliner-Klerus’. Offizieller Vorwurf: Korruption. In Wahrheit wollte sich Mohammed bin Salman seiner Konkurrenten und Widersacher entledigen. Zudem scheint er nun die Kontrolle über alle drei großen Geheimdienste Saudi-Arabiens innezuhaben: den militärischen, den Inlandsgeheimdienst und den der Nationalgarde. Diese waren über Jahrzehnte zwischen den Zweigen des Königshauses aufgeteilt, um eine gewisse Machtbalance herzustellen.

"Das ist der Fangschuss für das alte System", bewertet Chas W. Freeman, Ex-US-Botschafter in Riad, die Vorgänge gegenüber der New York Times, "die ganze Macht ist nun konzentriert in den Händen von Mohammed bin Salman."

Der riskanteste Kampf

Die wird er auch brauchen, denn für seine angepeilte Modernisierung und Reformierung von Wirtschaft und Gesellschaft hat er sich auch mit der ultra-orthodoxen wahhabitischen Geistlichkeit angelegt. Diese bildet seit Jahrhunderten ein sicheres Fundament der Herrschaft der Sauds. Dieses anzutasten, wird mit Sicherheit der härteste und riskanteste Kampf werden, den MbS auszufechten hat.

Hintergrund der Querele ist ein Bericht der Tageszeitung "Kayhan", das offizielle Sprachrohr der iranischen Hardliner. Die hatte auf ihrer Titelseite den Raketenangriff der jemenitischen Houthi-Rebellen auf den internationalen Flughafen Riads begrüßt und gefordert, dass das nächste Ziel Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten sein sollte. Auch die Drohungen des Regierungssprechers ignorierte das Blatt auf ihrer Webseite. "Die Unterstützung des unterdrückten jemenitischen Volkes sei im nationalen Interesse, nicht die Hochhäuser in Dubai."

Laut Regierungssprecher Nobakht haben Kayhan und die Hardliner gegen die Mediengesetzte des Landes verstoßen. Dies werde ein juristisches Nachspiel haben. Keiner könne und dürfe seine eigene Meinung öffentlich so darstellen, als wäre es die des Establishments, so der Sprecher nach Angaben der Nachrichtenagentur ISNA.

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hatte dem Iran vorgeworfen, in den Angriff involviert zu sein, weil Teheran die Houthi-Rebellen im Jemen mit Raketen beliefert. Dies könnte seinen Angaben nach einem Kriegsakt gegen das Königreich gleichkommen.

Das iranische Außen- und das Verteidigungsministerium wiesen die Vorwürfe als "absurde Behauptungen" zurück. Der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif erklärte, die Saudis führten sich in der Region "wie Halbstarke" auf, machten die Region unsicher und versuchten, den Iran für diese gefährliche Politik verantwortlich zu machen.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hat vor einer weiteren Zunahme der Spannungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran gewarnt. Die derzeitige Eskalation sei "extrem gefährlich", sagte Mogherini am Dienstag bei einem Besuch in Washington. Beide Seiten sollten ihre Rhetorik mäßigen und nach einem "Minimum von Konsens" suchen, um die Grundlage für Frieden zu stiften.

Saudi-Arabiens mächtiger Kronprinz Mohammed bin Salman hatte zuvor Teheran eine "direkte militärische Aggression" vorgeworfen. Er bezog sich damit auf einen Raketenbeschuss der saudi-arabischen Hauptstadt Riad durch proiranische Rebellen im Jemen, den er als "kriegerischen Akt" bezeichnete.

Saudi-Arabien und der Iran stehen im Konflikt im Jemen auf entgegengesetzten Seiten. Teheran unterstützt die schiitischen Houthi-Rebellen, die Jemens Hauptstadt Sanaa und große Teile des Landes kontrollieren. Riad führt seit März 2015 eine arabische Militärkoalition an, um Jemens Präsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi zurück an die Macht zu bringen.

Saudi-Arabien erhebt den Vorwurf, dass die auf Riad abgefeuerte Rakete vom Iran geliefert worden sei. Unterstützung bekam Riad dabei von der US-Regierung. Mit den Raketenlieferungen an die Houthi-Rebellen verstoße Teheran gegen UN-Resolutionen, erklärte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley.

Die Warnungen Mogherinis während ihres Washington-Besuchs waren offenkundig auch an die Adresse der US-Regierung gerichtet. Sie wisse, dass sie mit ihren Mahnungen zu rhetorischer Zurückhaltung "nicht die Mehrheitsposition in der Welt von heute" vertrete, die "völlig verrückt zu werden scheint", sagte die EU-Chefdiplomatin.

US-Präsident Donald Trump hatte zuvor der saudi-arabischen Führung sein "großes Vertrauen" ausgesprochen. König Salman und Kronprinz Mohammed bin Salman "wissen genau, was sie tun", schrieb er während seiner Asienreise im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Trump meinte damit allerdings die beispiellose Welle von Festnahmen hochrangiger Politiker und Geschäftsleute im Rahmen einer Anti-Korruptions-Kampagne in Saudi-Arabien. Den Konflikt mit dem Iran erwähnte er nicht.

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