Saudi-Arabien gegen Katar: Goliaths Bannstrahl trifft den David ins Mark

Warum Riad mit seinen Verbündeten das kleine Emirat total isolieren will.

Hamsterkäufe im reichsten Land der Welt (gemessen am BIP pro Kopf) – das hätte sich in Katar vor ein paar Tagen niemand vorstellen können. Doch seit Wochenbeginn stürmen die Menschen die Supermärkte. Nach der von den mächtigen Nachbarstaaten verhängten Total-Isolation des Golfemirats herrscht massive Verunsicherung, speziell was die Versorgungslage mit Nahrungsmitteln anbelangt, die zu einem Gutteil aus Saudi-Arabien importiert werden.

Doch diese einzige Landgrenze ist geschlossen, nachdem Riad gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Ägypten Katar gleichsam zum Schurkenstaat erklärt hat. Alle Verbindungen zur See und in der Luft(fahrt) wurden ebenso gekappt.

"Die Sanktionen sind ein Fehler Saudi-Arabiens. Die Saudis überschätzen sich, sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Sie stecken in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, und die kriegerischen Abenteuer alleine im Jemen kosten sie jeden Tag Hunderte Millionen", sagt Fritz Edlinger, Generalsekretär der Österreichisch-Katarischen Vereinigung, zum KURIER. "Es besteht die Gefahr, dass ein neuer Krieg entfacht wird." Nachsatz: "Der arabische Stolz hat schon viele Kriege ausgelöst, weil arabische Männer zu stolz sind, zurückzurudern."

Vorwurf der Terror-Unterstützung

Offizieller Grund für diesen Paukenschlag am Golf: Katar unterstütze Muslimbruderschaften in Ägypten und anderen Staaten, Terror-Organisationen wie den "Islamischen Staat" ebenso. Tatsache ist, dass das Emirat auch und vor allem mit dem katarischen TV-Sender Al Jazeera die Aufstände während des Arabischen Frühlings befeuert hatte, ganz besonders die Muslimbruderschaft im Land am Nil, die für die satten arabischen Monarchen und Despoten eine Bedrohung darstellte. Tatsache ist ferner auch, dass das sunnitische Herrscherhaus Extremistengruppen wie El Kaida und Al Nusra unterstützt – ebenso wie das sunnitisch-wahhabitische Saudi-Arabien. Gemeinsam bekämpfte man bisher schiitische Rebellen im Jemen.

Und jetzt der radikale Bruch. Warum? Ein wichtiger Grund liegt darin, dass das winzige Katar (kaum größer als Kärnten) speziell unter dem Emir, Scheich Hamad al-Thani, versucht, auf der regionalen, ja auf der globalen Ebene mitzuspielen. Weil das Land im Gegensatz zu Saudi-Arabien keinen einflussreichen Hardliner-Klerus hat, ist es im Umgang mit dem Iran pragmatischer. Was Riad auf den Plan ruft, das mit Teheran um die Vorherrschaft im Mittleren Osten rittert. Dass der saudische Großmufti der katarischen Al-Thani-Dynastie jede religiöse Legitimation abspricht, interpretieren manche sogar als Aufruf zum Sturz.

Neid und Eifersucht

Dem David Katar (mit den nach Russland und dem Iran weltweit größten Gas-Reserven) ist es im Gegensatz zum Goliath Saudi-Arabien gelungen, sich ein offenes, modernes Image zu geben – auch wenn es im Inneren anders aussieht. Dass es dann auch noch gelang, die Fußball-WM 2022 an Land zu ziehen, war der große Durchbruch auf der internationalen Bühne – und erregte in Saudi-Arabien Neid und Eifersucht.

Es komme derzeit "zu einer emotionalisierten Aufputschung" des Konfliktes in der arabischen Welt, die in zwei Lager gespalten ist", meint Edlinger. "Der kürzliche Besuch von Donald Trump war zumindest ein psychischer Auslöser", fügt der Experte hinzu. Der US-Präsidenten selbst brüstete sich gestern auf Twitter, diesen Bruch angestiftet zu haben. Er habe bei seiner Visite in Saudi-Arabien gefordert, dass "radikale Ideologien" nicht mehr finanziert werden dürften, und alle hätten auf "Katar hingedeutet". Faktum ist: Riad und Washington finden sich in ihrer Abneigung gegenüber dem Iran.

Kataris fliegen auf Wien

Allerdings haben die USA auch in Katar massive Sicherheitsinteressen – 10.000 GIs sind dort stationiert. Deswegen boten sich die USA auch als Vermittler in dem Kalten (Golf-)Krieg an.

Zu Wien als UN- und OPEC-Stadt haben die Al-Thanis übrigens laut Edlinger eine besondere Beziehung: "Jede Menge private Villen sind in ihrem Besitz."

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