Sandwich-Essen verboten

Das Militär hat in Thailand seit 2014 wieder das Sagen – und will seine Macht per Referendum sichern
Das regierende Militär lässt das Volk über die – autoritäre – Verfassung abstimmen.

Hunderte Regierungsmitarbeiter marschierten am Donnerstag im Zentrum von Bangkok auf, um für das von den Militärmachthabern angesetzte Verfassungsreferendum am Sonntag in Thailand zu werben. Die Reform soll die Macht des Militärs, das auch die Interessen des Königshauses und des königlichen Schatzamtes wahrt, einzementieren. Kernstück des Plans ist ein starker Senat, dessen Mitglieder das Militär bestimmen und alle Gesetzesvorlagen blockieren kann. Außerdem muss der Ministerpräsident nicht mehr aus dem Kreis der gewählten Abgeordneten kommen. Erst wenn diese Regeln gelten, will Militärmachthaber Prayut Chan-o-cha Neuwahlen zulassen.

Sandwich-Essen verboten
Dagegen würden die "Rothemden", die Anhänger der im Mai 2014 geputschten Premierministerin Shinawatra Yingluck, Sturm laufen – wenn man sie ließe. Doch jede Debatte über die Verfassungsreform ist verboten, auf Kritik daran stehen bis zu zehn Jahre Haft. Von einer freien, fairen Abstimmung kann keine Rede sein, Wahlbeobachter sind nicht zugelassen. Gegen Kritiker geht das Militär hart vor, Menschen können ohne Anklage und Prozess festhalten werden. "Tausende Thais sind in den letzten Monaten wegen unterschiedlichster Gründe verhaftet worden, das Militär muss sehr nervös sein", stellt Wolfram Schaffar, Professor am Institut für Internationale Entwicklung der Universität Wien, fest.

Burger-Aufstand

"Schon wenn fünf Thais zusammenstehen, schreitet das Militär ein. Besonders in den ersten Monaten nach dem Putsch gingen sie sehr restriktiv vor." Auf ihrer Suche nach Formen des Widerstands verabredeten sich Studenten zum kollektiven Burger-Essen, erzählt Schaffar "Also wurden die McDonald’s-Filialen geschlossen. Dann organisierte die Jugend Flashmobs zum gemeinsamen Essen von Sandwiches. Also wurde das Essen von Sandwiches in der Öffentlichkeit verboten."

Erst vor ein paar Tagen wurden zwei Achtjährige vorübergehend festgenommen, weil sie eine pinke Wählerliste von einer Wand gerissen hatten. Die Mädchen wollten das Papier einfach aufgrund seiner schönen Farbe.

"Das Referendum wird stattfinden – und es wird die politischen Spannungen nicht reduzieren", sagt Pitch Pongsawat, Politologe an der Universität Chulalongkorn in Bangkok. Vom Urlaub in Thailand müsse aber niemand Abstand nehmen: "Die Situation ist zwar angespannt, aber es gibt keine physische Gewalt", betont er gegenüber dem KURIER. Er selbst wurde nach dem Putsch vernommen, blieb aber sonst unbehelligt; einige seiner Studenten sind in Haft.

Wie man die Situation in Thailand einschätzt, hängt davon ab, welches der beiden Lager man befragt:

Sandwich-Essen verboten
An anti coup d'etat demostrator takes part in a march as Thailand marks two years since the army toppled the elected government of former Prime Minister Yingluck Shinawatra, in Bangkok May 22, 2016. REUTERS/Jorge Silva
GelbhemdenDieses Lager besteht aus den alten, konservativen und königstreuen Eliten – auch der Großunternehmer. Sie haben ein autoritäres militärisches Regime etabliert, das auch mithilfe der Justiz ihre politische und wirtschaftliche Macht sichern soll. Pitch Pongsawat: "Wer den Putsch unterstützt und die Regierung Yingluck hasst, wird glücklich sein, dass die Infrastruktur- und Wirtschaftspolitik von der Regierung fortgesetzt wird, die tendenziell Bangkok und das große Kapital bevorzugt."

RothemdenSo werden die Anhänger der Shinawatras genannt, die seit 2001 alle Wahlen gewonnen haben. Die Rothemden sind vor allem im ländlichen Raum im Norden und Nordosten stark. In ihren Reihen befinden sich auch kleinere Unternehmer, die sich gegen die alten Eliten stemmen. Schaffar: "Das Lager hat sich zur Pro-Demokratie-Bewegung entwickelt."

"Wenn du Unterstützer der Yingluck-Regierung bist, spürst du, dass deine Freiheit beschnitten wurde", erläutert Pitch Pongsawat. "Die Wirtschaft schrumpft, du kannst nicht so investieren, wie du willst. Du hast keinen Vertreter im politischen Prozess, politische Versammlungen sind verboten. Zensur und Selbstzensur sind gang und gäbe."

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