Russland: Putins lauteste Kritiker vor Wahl verhaftet

Die Menschenrechtsorganisation spricht von einer willkürlichen Verhaftungswelle im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen am Sonntag, bei denen Wladimir Putin sich bestätigen lässt.

Amnesty International ist alarmiert über willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in Russland. Russische Behörden würden systematisch die Rechte von politisch engagierten Menschen verletzen. Jene Aktivisten, die zum Boykott der Wahl aufriefen, würden von Behörden gezielt ins Visier genommen.

"Die Absicht des Kreml ist unmissverständlich", sagt Denis Krivosheev, Experte für Europa und Zentralasien bei Amnesty International, laut Aussendung. "Die lautesten Stimmen und Wahl-Boykottierenden werden in der Endphase des Präsidentschaftswahlkampfs willkürlich weggesperrt." Zum Boykott der Wahlen ruft unter anderem der politische Aktivist Alexej Nawalny auf. In den vergangenen Wochen seien die Behörden unter anderem mit willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen gegen ihn und seine Unterstützer vorgegangen.

Nawalny-Mitarbeiter stillgelegt

Leonid Wolkow, Nawalnys Wahlkampfleiter, wurde laut Angaben von Amnesty International am 22. Februar in Gewahrsam genommen und noch am selben Tag zu 30 Tagen Verwaltungshaft verurteilt, weil er eine "nicht genehmigte Versammlung" organisiert hat. Die Anklage bezog sich auf "Wahlstreik"-Demonstrationen, die am 28. Jänner in mehr als 100 Städten in ganz Russland abgehalten wurden. In Moskau wurde Alexej Nawalny daran gehindert, die Protestveranstaltung im Stadtzentrum abzuhalten.

Laut Angaben der Polizei bestand die Rolle von Leonid Wolkow beim Organisieren der Moskauer Demonstration aus zwei Re-Tweets, mit denen er indirekt zur Teilnahme an der Veranstaltung aufgerufen haben soll. Es handelte sich zum einen um eine Twitternachricht von Alexej Nawalny während seiner Festnahme auf der Demonstration in Moskau, und zum anderen um einen Link zu einer Live-Internetübertragung der Veranstaltung.

Denis Michaljow, Nawalnys Wahlkampf-Koordinator in Sankt Petersburg, wurde Amnesty International zufolge am 31. Jänner für 30 Tage inhaftiert. Dies geschah im Zuge der dortigen ebenfalls von den Behörden verbotenen "Wahlstreik"-Demonstration. Am Beispiel Michaljow zeige sich "wie feindselig das Klima für friedliche Demonstrationen im Vorfeld der anstehenden Wahlen in Russland wirklich ist", so Krivosheev. Mittlerweile wurde Michaljow zu 25 weiteren Tagen Verwaltungsarrest verurteilt.

Weitere Aktivisten festgenommen

Mindestens zwei weitere Aktivisten wurden in Sankt Petersburg unter ähnlichen Umständen festgenommen: Andrej Piwowarow, der Koordinator der Bewegung Open Russia in Sankt Petersburg, wurde am 28. Februar zu 25 Tagen Verwaltungshaft verurteilt. Am 26. Februar erhielt Artjom Gontscharenko, Mitglied der Oppositionsbewegung Vesna ("Frühling"), eine 25-tägige Verwaltungshaftstrafe, weil er im Fenster seiner Wohnung eine aufblasbare Gummiente zur Schau gestellt hatte - seit 2017 gelten gelbe Enten als ein Symbol der Opposition in Russland.

"Während des Wahlkampfs kam es im ganzen Land immer wieder zu Angriffen auf Personen, die Präsident Putin kritisieren. Die Vergeltungsmaßnahmen gegen Oppositionelle werden mit jedem Tag gröber", sagt Krivosheev und fordert eine sofortige Freilassung von Protestierenden und politischen Aktivisten.

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