Russland: "In Österreich keine politischen Kräfte negativ"

Dmitry Ljubinskij
Botschafter Ljubinskij: "Wir rechnen natürlich mit der Aufhebung der Sanktionen und zumindest mit Milderung." Der Kooperationsvertrag zwischen Kreml-Partei und FPÖ sei "normal".

Der russische Botschafter in Wien, Dmitrij Ljubinskij, erachtet alle österreichischen Parteien als mehr oder weniger russlandfreundlich. "In Österreich gibt es keine bedeutenden politischen Kräfte, die Russland gegenüber irgendwie negativ eingestellt wären", sagte Ljubinskij im Gespräch mit der APA anlässlich des Besuchs von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Moskau.

"Wir haben ausgezeichnete Beziehungen mit allen politischen Parteien in Österreich", sagte der Botschafter auf Kurz' Koalitionspartner, die FPÖ, angesprochen. Dass die FPÖ seit 2016 mit der Kreml-Partei "Einiges Russland" einen Kooperationsvertrag hat, bezeichnete Ljubinskij als "normale interparteiliche Beziehungen".

Kurz reise auf Einladung von Präsident Wladimir Putin am Dienstagabend nach Moskau. Dass dessen erste Auslandsreise außerhalb des EU-Raums nach Russland führe, "zeigt ganz deutlich, wo unsere bilateralen Beziehungen stehen", meinte Ljubinskij.

Hoffen auf Österreichs EU-Ratsvorsitz

Er sehe "Bestrebungen" der ÖVP-FPÖ-Regierung um die österreichisch-russischen Beziehungen. Aber diese kämen "nicht aus der Luft", sondern entsprächen einer langjährigen Tradition, sagte der Botschafter weiter. Russland schätze auch die Positionierung Österreichs als Ort des Dialogs, beispielsweise bei den Verhandlungen zum Iran oder Syrien.

Die Beziehungen zwischen Russland und der EU bezeichnete der Botschafter dagegen als schwierig. Er glaube, dass Österreich hier seine Meinung klar machen könne, "das schätzen wir". Der Botschafter erwartet intensive Gespräche während des österreichischen EU-Ratsvorsitzes ab Juli.

"Wir rechnen natürlich mit der Aufhebung der Sanktionen und zumindest mit der Milderung der Sanktionen", erklärte Ljubinskij. Aber er verstehe auch, dass dies Zeit brauche und vom Konsens in der EU abhänge. "Wir sind Realisten." Es gebe jedoch Bereiche, in denen die EU und Russland voneinander abhängig seien. Deswegen hoffe er, dass es hier zu positiven Entwicklungen kommen werde.

Handelsvolumen steigt wieder

Die wirtschaftlichen Beziehungen seien zwar gedämpft worden - mit Österreich aber "nicht so drastisch wie mit anderen europäischen Ländern", betonte Ljubinskij. Die Tendenzen seien sehr positiv: Das Handelsvolumen zwischen Österreich und Russland sei 2017 nach vorläufigen russischen Zahlen um 40 Prozent gestiegen. Im gemeinsamen Tourismusjahr habe es ebenfalls deutliche Steigerung gegeben: 40 Prozent mehr russische Touristen in Österreich und 33 Prozent mehr Österreicher hätten Russland bereist.

"Wir haben viele Pläne, und die neue Regierung ist bereit, diese Pläne weiter zu entwickeln." Als konkrete Projekte nannte der Botschafter die geplante Verlängerung der Breitspurbahn (Transsib) nach Österreich sowie die umstrittene Gaspipeline "Nord Stream 2", an der unter anderen die OMV beteiligt ist.

Im Juni würden 50 Jahre russische Gaslieferungen nach Österreich gefeiert. Ob an diesen Feierlichkeiten von OMV und Gazprom in Wien auch Putin teilnimmt, wollte Ljubinskij mit Verweis auf die russische Präsidentschaftswahl am 18. März nicht bestätigen.

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