Tschechien vor der Staatskrise

epa03790598 Czech Finance Minister Jan Fischer (L) and Czech Prime Minister Jiri Rusnok are seen before a vote on the dissolution of the Czech lower house of parliament at the parliament in Prague, Czech Republic, 17 July 2013. Members of the Chamber of Deputies voted for the first time on the dissolution of the Czech lower house of parliament. Dissolving the lower house will pave the way for an early general election, after the centre-right coalition government collapsed after a corruption scandal in June 2013. EPA/FILIP SINGER
Rusnoks Regierung scheitert bei der Vertrauensabstimmung. Wilder Schlagabtausch zuvor im Parlament.

Wenn ein Staatspräsident vor das Parlament tritt, dann eigentlich um Staatstragendes zu verkünden. Doch Milos Zeman hielt sich auch diesmal nicht an die Spielregeln. Bei der Vertrauensabstimmung über die Übergangsregierung von Premier Jiri Rusnok am Mittwoch im Prager Abgeordnetenhaus, versuchte der Staatschef mit allen Mitteln, eine Mehrheit für das Kabinett seines Vertrauten zu erzwingen. Doch von der war Rusnok trotz aller Rückendeckung Zemans weit entfernt. Eine Niederlage und damit das Aus für die Regierung folgten am späten Abend. Nur 93 Abgeordnete haben nach inoffiziellen Informationen am Mittwochabend für Rusnok gestimmt, 100 Parlamentarier stimmten dagegen, sieben waren abwesend.

Eine neue Regierung aber, das hat Zeman bei seiner Rede klargemacht, will er nicht ernennen. Zuerst, so seine Begründung, müsse die Korruptionsaffäre, die die konservative Vorgängerregierung Ende Juni zu Fall gebracht hatte, aufgeklärt sein. Er könne sich sonst nicht darauf verlassen, dass nicht noch ein Minister durch die Affäre belastet würde.

Verfassungsbruch

Für die konservative Parlamentspräsidentin ein „Skandal“. Zeman übergehe das Parlament. Man müsse ihn in seinen Rechten beschränken. Ex-Außenminister Karel Schwarzenberg bezichtigte den Präsidenten des Verfassungsbruches. Wenn dieser eine Präsidialrepublik einführen wolle, dann solle er einen Entwurf vorlegen und das Parlament darüber abstimmen lassen.

Schwarzenbergs Gruppe Top 09 und die anderen konservativen Fraktionen sind entschlossen, eine neue Regierung zusammenzustellen. Nach eigenen Angaben können sie sich auf eine Mehrheit im Parlament stützen. Der Präsident, so ihre Forderung, solle das anerkennen und diese Regierung angeloben.

Der aber denkt vorerst nicht daran. Zeman hatte schon seinen Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen zu Jahresbeginn mit dem Versprechen bestritten, die damalige konservative Regierung unter Petr Necas möglichst rasch aus dem Amt zu befördern. Als Necas im Juni wegen der Korruptionsaffäre rund um seine Kabinettschefin und Geliebte abtreten musste, setzte der Präsident quasi im Alleingang seinen Willen durch. Er ignorierte den Vorschlag für eine neue Regierung, den ihm die bisherigen Regierungsparteien vorlegten. Eine solche Regierung, so Zeman, wäre nur die Fortsetzung ihres korrupten Vorläufers, und das werde er nicht zulassen.

Getarnte Regierung?

Der Präsident beauftragte Jiri Rusnok. Der hatte einst in Zemans eigener Regierung als Finanzminister gedient und gilt als dessen enger Vertrauter. Grund genug, für die Konservativen von einer getarnten Regierung Zeman zu sprechen. Kaum angelobt nützte Rusnok seine Kompetenzen, um gegen persönliche Gegner Zemans vorzugehen. So wurde der Direktor des Prager Nationaltheaters gekündigt, musste aber unter öffentlichem Druck schließlich wieder eingesetzt werden.

Die konservativen Parteien wollen Zemans Vorgehen nicht akzeptieren. Sollte der nicht umgehend eine neue Regierung beauftragen, will man beim Verfassungsgerichtshof eine Klage einreichen.

Neuwahlen

Die einzige Lösung, die sich anbieten würde, und auf die etwa die oppositionellen Sozialdemokraten drängen, wären vorzeitige Neuwahlen. Plangemäß sollten die erst im kommenden Frühjahr stattfinden. Als Ausweg aus der Staatskrise könnten sie aber kurzfristig früher anberaumt werden. Und diese Staatskrise, das machte Ex-Premier Jiri Paroubek deutlich, droht zu eskalieren: „Viele Bürger sehen den Staat in einem Zustand wie 1989: Ein Zerfall der Republik.“

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