Rebellenvertreter verschieben Friedensgespräche zu Syrien

A man carries an injured child on April 18,2016 in Kilis, after four rockets fired from Syria, slammed into the southern Turkish town of Kilis, killing four Syrians including three children in the latest deadly cross-border strike to panic residents.\r Kilis -- the only town in Turkey where refugees from the war in Syria now outnumber Turkish locals -- has been repeatedly hit by rocket fire from areas in Syria controlled by Islamic State (IS) jihadists in recent weeks. / AFP PHOTO / -
Hunderttausend Flüchtlinge sitzen in Syrien an der Grenze fest.

Eine neue Rebellenoffensive, hunderttausend Flüchtlinge an den Grenzen und die Friedensgespräche in Genf vor dem Kollaps: Die Hoffnung auf einen Ausweg aus dem syrischen Bürgerkrieg fällt sieben Wochen nach dem Start der Waffenruhe wieder in sich zusammen.

Die nach Genf gereisten Oppositionsführer verschoben am Montag ihre "formelle" Beteiligung, bis Damaskus seine echte Bereitschaft zu einem politischen Neustart unter Beweis stelle.

Mitglieder drängten auf Gesprächsabbruch

Es sei "nicht hinnehmbar", die am vergangenen Mittwoch begonnen Verhandlungen fortzusetzen, während die Regierung von Bashar al-Bassad "weiter Zivilisten bombardiert und aushungert", sagte der Koordinator des Hohen Verhandlungskomitees (HNC) der Opposition, Riad Hijab (Bild), in Genf.

Rebellenvertreter verschieben Friedensgespräche zu Syrien
The High Negotiations Committee (HNC) delegation member George Sabra (C) arrives for a meeting with UN Special Envoy for Syria at Palais des Nations (Palais des Nations) in Geneva on April 18, 2016. The Syrian opposition will ask the UN to pause troubled peace talks in Geneva until Damascus shows it is serious about discussing political transition, a delegation member told AFP. / AFP PHOTO / POOL / Xu Jinquan

Nach Beratungen mit dem UN-Sondergesandten Staffan de Mistura erklärte dieser, das HNC habe seine "formelle" Beteiligung an den Friedensgesprächen ausgesetzt, es könne aber Gespräche auf technischer Ebene geben. Die HNC-Delegation werde noch nicht abreisen, auch wenn einige Mitglieder auf einen kompletten Gesprächsabbruch drängten, sagte ein HNC-Mitglied der Nachrichtenagentur AFP.

Das Komitee fordert die Bildung einer Übergangsregierung ohne Assad. Dessen Vertreter sind zu einer Koalitionsregierung bereit, halten die Zukunft Assads aber für "nicht verhandelbar". Immerhin sprach dessen Chefunterhändler Bashar al-Jaafari am Montag von "neuen Ideen" für die Gespräche, blieb jedoch im Vagen.

Offensive gegen Assad-Truppen

Parallel zu der Blockade in Genf nimmt die Gewalt in Syrien stetig zu. Mehrere vorwiegend islamistische Rebellengruppen kündigten am Montag eine neue Offensive gegen die Assad-Truppen an, weil diese die Waffenruhe von Ende Februar nicht mehr respektierten. "Nach der Zunahme der Verstöße durch Regierungskräfte, darunter die gezielte Vertreibung von Menschen und die anhaltende Bombardierung von Wohnvierteln, rufen wir den Beginn der Schlacht aus", erklärten zehn Rebellengruppen gemeinsam.

Zu den Unterzeichnern gehören die mächtigen Organisationen Jaisch al-Islam und Ahrar al-Scham, die bei Damaskus und in der Provinz Aleppo stark sind. Jaisch al-Islam wird von Mohammed Allusch geführt, dem Chefunterhändler der Opposition in Genf. Ein Sprecher von Jaisch al-Islam sagte, die Offensive betreffe die Provinz Latakia und habe bereits begonnen.

In der vergangenen Woche waren die Regierungstruppen mit Hilfe russischer Kampfflugzeuge an mehreren Fronten in Aleppo vorgestoßen. In der seit fast vier Jahren zwischen Regierung und Rebellen geteilten Stadt gab es auch am Montag Kämpfe mit mehreren Toten, darunter zahlreiche Zivilisten.

Mehr als 100.000 Flüchtlinge

Wegen der neuen Kämpfe sitzen nach Angaben der Organisation Ärzte ohne Grenzen inzwischen mehr als 100.000 Flüchtlinge im Grenzgebiet zur Türkei fest. Mehr als 35.000 Menschen seien aus Flüchtlingslagern geflohen, die zu nah an Kampfgebieten lagen oder von der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) erobert worden seien, teilte die Organisation am Montag mit. Sie säßen nun zwischen dem IS, den kurdisch kontrollierten Gebieten und der türkischen Grenze fest. Die Türkei lässt seit einem Jahr Flüchtlinge nur noch in Notfällen ins Land.

Zehntausende Menschen hätten "keinen sicheren Ort", an den sie gehen könnten, beklagte Muskilda Zancada, die Landeskoordinatorin der Ärzte für Syrien. Projektleiter Pablo Marco sagte, es sei "inakzeptabel", dass sich die EU auf die Abschiebung syrischer Flüchtlinge in die Türkei konzentriere und nicht auf den Schutz der Menschen, die im Grenzgebiet festsäßen.

Auch an der Grenze zu Jordanien stecken inzwischen zehntausende Bürgerkriegsflüchtlinge fest. "Informationsminister Mohammed Momani schätzt die Zahl der im Niemandsland blockierten Menschen auf rund 50.000", berichtete die amtliche jordanische Nachrichtenagentur Petra. Grund sei, dass Jordanien aus Angst vor der Infiltrierung von IS-Extremisten jeden Flüchtling genau überprüfen müsse.

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