Putin erzählt von Kriegs-Erlebnissen seiner Familie

Der russische Präsident beschrieb in einem Essay, was seine Familie durchlebt hat.

Kurz vor dem 9. Mai, dem "Tag des Sieges", hat der russische Präsident Wladimir Putin im Kreml-nahen Literaturmagazin "Russki Pioner" einen persönlichen Essay veröffentlicht, in dem er sich mit der Bedeutung des Kriegs für seine Familie beschäftigt. Er beschreibt nahezu tödliche Konfrontationen seines Vaters mit deutschen Soldaten, aber auch eine versöhnliche Haltung seiner Eltern. Nahezu alles, was er über den Krieg wisse, schreibt der 1952 geborene Wladimir Wladimirowitsch Putin, habe er als Kind bei Erwachsenengesprächen aufgeschnappt. Sein Vater habe zudem nur ungern über diese Themen gesprochen.

Ausführlich geht Putin auf die militärische Laufbahn seines Vaters Wladimir Spiridonowitsch Putin ein: Nach dem Grundwehrdienst bei der U-Boot-Flotte in Sewastopol, den er 1939 angetreten habe, sei sein Vater nach Hause zurückgekehrt, habe in einer Fabrik gearbeitet und mit seiner Mutter in Petrodworez (vor 1944 und nach 1997 Petergof, 30 Kilometer außerhalb von St. Petersburg/Leningrad, Anm.) gelebt.

Obwohl sein Vater in der Fabrik vor einer Einberufung sicher war, habe er nach Kriegsbeginn im Sommer 1941 einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei gestellt und sich gleichzeitig für die Front gemeldet. Er sei einer kleinen Spezialeinheit des Sowjet-Geheimdienstes NKWD zugeteilt worden, schreibt Putin junior: "Er erzählte, dass dort 28 Menschen waren, sie wurden in das feindliche Hinterland geschickt, um Anschläge zu verüben, um Brücken und Schienen zu sprengen. Jedoch gerieten sie alsbald in einen Hinterhalt. Jemand hatte sie verraten."

Knapp überlebt

24 von 28 Angehörigen der Spezialeinheit, die von einem Sowjet-Deutschen angeführt worden sei, seien dabei zu Tode gekommen. Sein Vater habe nur deshalb überlebt, weil er sich in einem Sumpf versteckte und stundenlang durch einen Strohhalm atmete. "Er hörte dabei wie deutsche Soldaten an ihm vorbeigingen, nur wenige Schritte entfernt und wie Hunde kläfften."

Anschließend sei der Vater im Rahmen der regulären Armee an eine heiß umkämpfte Position außerhalb von Leningrad verlegt worden. Bereits kurze Zeit später sei er dann schwer verletzt worden - auf der anderen Seite der Front sei er von einem deutschen Soldaten mit Granaten beworfen worden. "Er hat das ganze Leben mit Splittern im Bein gelebt, nicht alle sind entfernt worden. Und das Bein schmerzte." Der russische Präsident referiert aber auch weitere tragische Familiengeschichten: Fünf von sechs Brüdern seines Vaters hätten den Krieg nicht überlebt. Aber auch ein älterer Bruder von ihm selbst sei während der Blockade von Leningrad als Kleinkind an Diphtherie verstorben, seine verhungernde Mutter gar nahezu als Leiche abtransportiert worden. "Ich war ein sehr spätes Kind, sie brachte mich mit 41 Jahren zur Welt", schreibt der Präsident, dessen Eltern schließlich betagt in den späten 90er Jahren verstarben.

Der Artikel schließt mit einer nahezu versöhnlichen wie selbstkritischen Note. Die Eltern hätten keinen Hass auf den Feind verspürt, schreibt Putin: "Meine Mama war ein sanfter, guter Mensch und sie sagte: Wie kann man diese (deutschen, Anm.) Soldaten hassen? Sie sind einfache Menschen und starben auch im Krieg. Sie wurden einfach zwangsweise an die Front geschickt." Er selbst könne diese Haltung nicht völlig verstehen, betont Putin: "Wir wurden mit sowjetischen Büchern und Filmen erzogen. Und wir hassten."

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