Putin beklagt "Angriff auf Meinungsfreiheit"

And then I said ...
Streit zwischen USA und Russland über Auslandssender spitzt sich zu. Russischer Sender musste sich als "ausländischer Agent" registrieren, Moskau plant seine Vergeltung.

Russland und die USA streiten über angebliche politische Einflussnahme unter dem Deckmantel der Pressefreiheit: Der Washingtoner Ableger des staatlichen russischen Auslandssenders RT beugte sich am Montag dem Druck des US-Justizministeriums und ließ sich als "ausländischer Agent" registrieren. Moskau drohte Vergeltung an. Ein entsprechendes Gesetz könnte bereits am Mittwoch verabschiedet werden. Es könnte auch die Deutsche Welle treffen. Deutsche Politiker forderten ein Einschreiten der deutschen Bundesregierung.

Das US-Justizministerium sieht RT als verlängerten Arm des Kreml und beklagt Manipulationsversuche in der US-Politik. RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan machte deutlich, dass ihr Sender der Vorgabe nur widerwillig gefolgt sei: "Angesichts der Wahl zwischen einem Strafverfahren und der Registrierung haben wir uns für letzteres entschieden." Sarkastisch fügte sie hinzu: "Wir gratulieren der amerikanischen Redefreiheit und allen, die noch daran glauben."

Das US-Justizministerium berief sich gegenüber RT auf ein US-Gesetz, das Interessenvertreter ausländischer Mächte zur Registrierung verpflichtet. Allerdings ist dieses Gesetz auf Lobbyisten und Juristen zugeschnitten, Medienunternehmen sind ausdrücklich ausgeschlossen. Dieses Hindernis umging das Justizministerium, indem es nun das Unternehmen T&R Productions zur Registrierung aufforderte; dieses betreibt die RT-Studios in den USA und stellt die Mitarbeiter des Senders ein.

Das vermeintliche Recht

Das US-Justizministerium hatte dem Sender eine Frist bis Montag gesetzt. Vizejustizminister Dana Boente begründete das Vorgehen mit der Notwendigkeit von Transparenz: "Die Amerikaner haben ein Recht darauf zu wissen, wer in den USA aktiv wird, um die US-Regierung oder die Öffentlichkeit im Sinne ausländischer Auftraggeber zu beeinflussen."

Die US-Geheimdienste hatten im Jänner in einem Bericht zu Manipulationsversuchen im US-Wahlkampf ausdrücklich auch RT genannt: Der Sender sei Teil einer Kampagne des Kreml, "um das Vertrauen in die US-Regierung zu untergraben und politischen Protest zu entfachen".

Putin beklagt Vorgehen und will Ähnliches tun

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte die US-Forderung am Wochenende hingegen als "Angriff auf die Meinungsfreiheit" kritisiert und eine "adäquate und ähnliche Antwort" Moskaus angekündigt. Bereits am Mittwoch könnte das russische Parlament ein Gesetz verabschieden, das ausländische Medien zur Registrierung zwingt. Dies könnte insbesondere die von der US-Regierung unterstützten Auslandssender Voice of America und Radio Free Europe/Radio Liberty treffen - Medienberichten zufolge aber auch den deutschen Auslandssender Deutsche Welle.

Der Außenexperte der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, Roderich Kiesewetter (CDU), kritisierte das geplante russische Gesetz als Angriff auf die Meinungsvielfalt. Er forderte die Bundesregierung im "Handelsblatt" auf, gegenüber Moskau klarzumachen, "dass eine weitere Verschärfung der Mediengesetze in Russland den bilateralen Beziehungen Schaden zufügt".

Der Chef des deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Frank Überall, sagte dem Blatt: "Das ist der Versuch der russischen Staatsführung, freie und unabhängig berichtende ausländische Medien zu gängeln." Die Bundesregierung müsse "eine klare Botschaft in Richtung Kreml schicken".

Die russischen Versuche politischer Einflussnahme veranlassten am Montagabend auch die britische Premierministerin Theresa May zu einer deutlichen Warnung. "Russland setzt seine Staatsmedien ein, um gefälschte Geschichten und Bilder zu platzieren, um damit Zwietracht im Westen zu säen und unsere Institutionen zu unterminieren", sagte sie in einer Rede in London. "Ich habe eine ganz einfache Botschaft an Russland: Wir wissen, was ihr tut, und ihr werdet damit nicht durchkommen."

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