Pussy-Riot-Aktivistinnen wollen in die Politik

Die zwei kürzlich entlassenen Künstlerinnen überlegen, bei der Moskauer Bürgermeisterwahl anzutreten.

Von der Lagerhaft in den Bürgermeistersessel - es wäre eine wunderbare Schlagzeile: Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Alechina von der Punkband Pussy Riot, die beide ja erst Ende vergangenen Jahres aus dem Gefängnis entlassen wurden, erwägen den Gang in die Politik. Den Kreml visieren sie dabei aber nicht an, meinten die beiden am Montag vor Journalisten in Berlin. Bei der nächsten Bürgermeisterwahl in Moskau anzutreten, sei aber denkbar - dieser gilt gemeinhin als zweitwichtigster Posten des Landes.

Sich um diesen Job zu bewerben, könnte sich allerdings nicht so einfach für die beiden erweisen: Im vergangenen Herbst hat auch Kreml-Kritiker Aleksey Nawalny versucht, sich auf die Wahlliste setzen zu lassen. Parallel dazu wurde Anklage gegen ihn erhoben, eine Verurteilung wegen Veruntreuung hängt ihm bis jetzt nach.

Neues Projekt

Die beiden Pussy-Riot-Mitglieder Kreml-Kritikerinnen sind derzeit bei der Berlinale zu Gast - bei der am Rande des Festivals stattfindenden Gala "Cinema for Peace" berichteten sie über ihre neue Organisation Zona Priva, mit der sie sich für die Verbesserung der Haftbedingungen in russischen Gefängnissen einsetzen wollen. Sie forderten wiederholt und nachdrücklich, russische Gefängnisse unter internationale Beobachtung zu stellen; die Misshandlung von Gefangenen müsse unter Strafe gestellt werden.

Keine Trennung

Pussy-Riot-Aktivistinnen wollen in die Politik
epa04056695 US singer Madonna Louise Ciccone (L) introduces Maria Alyokhina (C) and Nadezhda Tolokonnikova (R) of the Russian feminist punk rock protest group 'Pussy Riot' during the Amnesty International 'Bringing Human Rights Home' concert at the Barclays center in Brooklyn, New York, New York, USA, 05 February 2014. EPA/JASON SZENES
Band-Interna wurden natürlich auch abgefragt - zuletzt wurden Trennungsgerüchte genährt, da die beiden bei einem Konzert von Madonna aufgetreten waren; ihre Bandkolleginnen äußerten in einem offenen Brief ihren Unmut über die Anbiederung der beiden am Kommerz-Mechanismen.

Eine Trennung stehe deshalb aber nicht im Raum, so die beiden: "Wir haben nie Pussy Riot verlassen", sagte Tolokonnikowa - es gebe nur Einschränkungen, da sie ja nicht mehr anonym handeln könnten. "Menschen mit offenen Gesichtern können nicht sagen, dass sie zu Pussy Riot gehören", sagte Alechina, die bis zu ihrer Verurteilung immer mit der traditionellen Haube zu sehen war. "Unsere Gesichter sind jetzt offen."

Pussy Riot

Tolokonnikowa, Alechina und ihre Bandkollegin Jekaterina Samuzewitsch hatten im Februar 2012 an einem "Punkgebet" in einer Moskauer Kirche teilgenommen, das sich gegen den heutigen russischen Präsidenten Wladimir Putin richtete. Sie wurden darauf wegen "Rowdytums" zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilt. Samuzewitsch kam später auf Bewährung frei, Tolokonnikowa und Alechina profitierten im Dezember von einer von Putin ausgesprochenen Amnestie, bei der im Vorfeld der olympischen Spiele in Sotschi auch Ex-Oligarch Michail Chodorkowskij freikam.

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