Premier Renzi: "Italien ändert sich jetzt wirklich"

Rom: Handfester Widerstand gegen gelockerten Kündigungsschutz.
Regierungserfolg: Arbeitsmarkt wird reformiert.

Eier und Gegenstände flogen durch die Luft, Rauchschwaden vom Tränengaseinsatz der Polizei vernebelten die Sicht: Der Widerstand gegen die umstrittene Arbeitsmarktreform war bis zuletzt heftig. 15 leicht Verletzte und zwei Festnahmen lautet die Bilanz der Proteste. Doch die Krawalle vor dem Senat hinderten Premier Matteo Renzi nicht daran, seinen ersten Etappensieg zu feiern. Per Vertrauensabstimmung brachte er auch im Senat den "Jobs Act", wie das Maßnahmenpaket genannt wird, mit 166 zu 122 Stimmen durch.

Zuvor war der Gesetzesentwurf zu Arbeitsmarkt und Kündigungen mehrfach geändert worden. Ein Kernpunkt ist eine Lockerung des Kündigungsschutzes, der als unantastbar galt. Der Anspruch auf Wiedereinstellung bei Entlassung aus Disziplinargründen soll in Zukunft nur noch in Ausnahmefällen möglich sein. Künftig hängt der Kündigungsschutz davon ab, wie lange jemand bei einem Betrieb beschäftigt ist. Bei Neueinstellungen mit unbefristeten Arbeitsverträgen erhalten Unternehmen Steuerbegünstigungen.

Optimismus per Twitter

Laut Premier Renzi sollen Unternehmer dadurch animiert werden, wieder mehr Menschen einzustellen. Der 39-Jährige twitterte optimistisch: "Italien ändert sich jetzt wirklich". Der "Jobs Act" soll auch dafür sorgen, dass vor allem junge Arbeitnehmer feste Verträge und mehr Leute Anspruch auf Arbeitslosengeld erhalten. Außerdem soll ein neues Arbeitsmarktservice zur Jobvermittlung errichtet werden.

Kritiker fragen sich, wie die Regierung dies angesichts der Budgetnöte umsetzen will. Bis zuletzt versuchten die in Italien sehr einflussreichen Gewerkschaften die Arbeitsmarktreform zu verhindern. Die Verbände haben für 12. Dezember zum Generalstreik aufgerufen.

Kritik von allen Seiten

Kritik kam auch aus den eigenen Reihen: Der linke Flügel von Renzis Demokratischer Partei (PD) lehnt die Neuerungen ab. "Renzi schafft damit keine Arbeitsplätze, sondern beschneidet die Rechte von Arbeitern und Angestellten, indem er das Prekariat ausbaut und Kündigungen erleichtert", so eine erboste PD-Wählerin. Anderen geht der "Jobs Act" zu wenig weit. "Es hätte mehr Mut erfordert. Die immer mehr werdenden neuen Selbstständigen sind überhaupt nicht berücksichtigt", bemängelt der Grafiker Daniele M.

Die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone steckt in der schlimmsten Rezession der Nachkriegszeit. Mit einer Arbeitslosenrate von 13,2 Prozent und einer Jugendarbeitslosigkeit von 43,3 Prozent hat sich die Krise zuletzt weiter verschärft.

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