Polen-Wahl: Im Namen des Bruders

Jaroslaw Kaczynski teilte das Wahlergebnis seinem toten Bruder Lech mit. Erst dann feierte er mit der künftigen Premierministerin Beata Szydlo den Sieg.
Jaroslaw Kaczysnkis PiS fährt triumphalen Wahlsieg ein – und will Polen nun umgestalten.

Mit der Benachrichtigung eines Toten begann die Feier zum Wahltriumph der Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS): "Herr Präsident, ich vermelde, Auftrag ausgeführt!" rief der – wie immer – schwarz gekleidete Parteichef Jaroslaw Kaczynski am Wahlabend seinem toten Bruder Lech zu, der als Präsident Polens 2010 nahe Smolensk verunglückte.

Nun kann die nationalkonservative Partei Dank 37,7 Prozent der abgegebenen Stimmen die "moralische Erneuerung" des Landes in Angriff nehmen – erstmal seit der Wende 1989 wird eine politische Gruppierung in Polen voraussichtlich alleine regieren. Die Regierungspartei "Bürgerplattform" (PO) vermochte gegen die vielen sozialen Versprechungen der PiS und gegen den Vorwurf, eine vom Volk entfremdete Elite zu sein, keine Gegenstrategie zu finden. Die Noch-Regierungschefin Ewa Kopacz verwies nach geschlagener Wahl auf Stabilität und Wirtschaftswachstum – und kämpfte angesichts eines Ergebnisses von 23,6 Prozent mit den Tränen. Die konservativliberale PO regiert seit 2007 und konnte den damals autoritär regierenden Jaroslaw Kaczynski ablösen.

Doch der Trend geht wieder nach rechts – dies wird auch am Fehlen einer Linkspartei im Sejm deutlich. Die erst im Sommer gegründete populistische Partei "Kukiz15" des Rocksängers Pawel Kukiz wurde mit 8,7 Prozent drittstärkste Kraft. Der Barde verlangt eine stärkere Mitbestimmung der Bürger, holt gern das Feindbild Deutschland aus der Mottenkiste und ist grundsätzlich bereit, mit der PiS zusammenzuarbeiten. Auch bei der angekündigten Änderung der Verfassung will Kukiz Kaczynski beistehen – dort sollen der katholischen Kirche, die die PiS im Wahlkampf unterstützt hat, noch mehr Rechte eingeräumt und die Justiz zugunsten der Regierung geschwächt werden. Dazu braucht die PiS 307 Stimmen von 460 Abgeordneten, die sie alleine nicht aufbringen kann.

"Wir brauchen die Bündelung aller Kräfte, um die liberale Demokratie zu schützen", so fast flehend die liberale Gazeta Wyborcza.

Konflikt mit der EU

Doch auch so hat die PiS einiges an Instrumenten, um Polen nach ihrem Sinn zu verändern. Und die PiS, das ist vor allem der 66-jährige Kaczynski. So wird Präsident Andrzej Duda, gewählt im Mai, kaum Gesetzesentwürfe blockieren. Er war von Kaczynski als Kandidat ausgewählt worden, dessen Wahlkampfleiterin Beata Szydlo soll nun Premier werden.

Eigene Akzente sind von ihr nicht zu erwarten. Einfluss auf den PiS-Chef hat vielmehr der ungarische Premier Victor Orban mit seinem Stil der Staatsführung. Auch in der Flüchtlingspolitik will Kaczynski ihm nacheifern. In dieser Frage ist ein Konflikt mit der EU vorprogrammiert. Kaczynski hat schon angekündigt, in Brüssel um die "Wahrung der nationalen Interessen" kämpfen zu wollen.

Für Kaczynski persönlich hat aber die Aufklärung der Unglücks von Smolensk Priorität. Für den Jahrestag, den 10. April, kündigte er bereits "die Wahrheit" über den Hergang an. Der Kreml ging daher von einer "Verkomplizierung" der bereits schlechten Beziehung mit Warschau aus.

Kaczynski sieht auch eine Schuld bei der PO, die nicht genug für die Aufklärung getan hätte. "Ich will keine Vergeltung", sagte er am Wahlabend. Und relativierte: "Diejenigen, die am Boden liegen, sollen nicht noch getreten werden."

Sejm in rechter Hand

PiS Laut ersten Ergebnissen kam die nationalkonservative Partei auf 37,7 Prozent (+7,8).

PO Die bisher regierende liberal-konservative Bürgerplattform kam auf 23,6 Prozent (–15,6).

Kukiz15 Die rechtspopulistische Bewegung kam aus dem Stand auf 8,7 Prozent.

Nowoczesna Die neue wirtschaftsliberale Partei erhielt 7,7 Prozent.

PSL Die Bauernpartei kam auf 5,2 Prozent (–3,2).

Kommentare