Polen: Reparationsforderungen wieder vom Tisch?

Warschau wollte auf deutsche Reparationsgelder für den Zweiten Weltkrieg verzichten, dann wieder doch nicht - das sorgt für Verwirrung.

Noch Anfang August stellten Mitglieder des polnischen Regierungslagers gegen Deutschland Reparationsforderungen auf. Antoni Macierewicz, der Verteidigungsminister, und sein Stellvertreter verlangten dies ebenso wie der einflussreiche Chef der Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), Jaroslaw Kaczynski.

Doch nun herrscht Verwirrung. "Es gibt keinen Standpunkt der Regierung in der Reparations-Angelegenheit", so Regierungssprecher Rafal Bonek am Wochenende. Unklar ist auch der Standpunkt des Außenministeriums. Der stellvertretende Minister Marek Magierowski erklärte Anfang August: " Polens Position hat sich seit 2004 nicht verändert." Damals wies der polnische Premier Marek Belka Forderungen von Abgeordneten nach Reparationen zurück.

Anspruchsverzicht

Polen hat im Jahre 1953 in einem Abkommen mit der DDR auf Ansprüche gegenüber Ost- wie Westdeutschland auf Kompensationsforderungen verzichtet. Auf dieses Abkommen bezieht sich auch die deutsche Bundesregierung, die die immer wieder auftauchenden Forderungen der polnischen Regierung klar ablehnt. Die Bundesrepublik hat zwar Entschädigungen aufgewendet, mied jedoch stets das Wort "Reparationen", da dies sich auf Kompensationen zwischen Staaten bezieht. Im Jahre 1975 erhielt Polen von Westdeutschland einen Kredit in Höhe von einer Milliarde D-Mark, später wurden die Zahlungsverpflichtungen in die "Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit" investiert. Rund 700.000 ehemaligen polnischen Zwangsarbeitern wurden durch die Stiftung "Polnisch-Deutsche Aussöhnung" 1,3 Milliarden Euro ausgezahlt.

Verteidigungsminister Anton Macierewicz argumentierte jedoch, dass Polen in den 50er-Jahren kein souveräner Staat gewesen sei, somit sei der Vertrag anfechtbar. Auch in Umfragen verlangt über die Hälfte der Bevölkerungen Reparationen, deren Höhe von regierungsnahen Blättern bis auf umgerechnet sechs Milliarden Euro berechnet werden.

Kommission säumig

Polens Außenminister Witold Waszczykowski ruderte Ende der vergangenen Woche aber zurück und betonte, die Entscheidung liege allein bei der Regierung. Dieser steht Beata Szydlo als Premierministerin vor, doch diese schweigt beharrlich zu dem brisanten Sujet. Auch das Ergebnis einer eigens eingesetzten Kommission, die ein PiS-Abgeordneter initiiert hatte und die am 11. August ein Empfehlung in Sachen Reparation hätte geben sollen, lässt auf sich warten.

Was ist dann das Ziel der Forderungen, die nun doch nicht weiter geführt werden? "Ein politischer Schwindel" seien sie, so Grzegorz Schetyna, der Chef der oppositionellen Partei "Bürgerplattform" (PO) – Parteichef Kaczynski ginge es mit seinem Vorstoß um die Abwendung Polens von der EU. Liberale Medien mutmaßen, dass mit der Reparationsgeschichte die Stimmung für die Repolonisierung der Medien in Polen eingeläutet werden soll. Vor allem im Printbereich dominiert deutsches Kapital (Ringier-Springer, Bauer, Verlagsgruppe-Passau), Parteichef Kaczynski will den Anteil mittels neuen Mediengesetzes deutlich verringern. Auch hier sind die Umfragen auf Seiten des Parteichefs.

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