Peking warnt Hongkong vor Überschreiten einer roten Linie

Feierlichkeiten in Hongkong zur 20-jährigen Zugehörigkeit zu China
Vor 20 Jahren hatte Großbritannien seine Kronkolonie an China abgetreten. Mittlerweile sind viele Bürger Hongkongs der Ansicht, dass sich Peking zu sehr in ihre Belange einmischt.

Der chinesische Präsident Xi Jinping hat die Bürger Hongkongs in scharfen Worten vor einer Missachtung der Führung in Peking gewarnt. Jeder Versuch, die Zentralregierung infrage zu stellen, sei das "Überschreiten einer roten Linie", sagte Xi am Samstag bei der Vereidigung von Hongkongs neuer Regierungschefin Carrie Lam.

Er werde entschieden vorgehen gegen alle Bemühungen, die Souveränität und die Sicherheit des Landes zu untergraben, sagte Xi. Die Zeremonie fand am 20. Jahrestag der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie an China statt. An diesem Datum versammeln sich jedes Jahr zahlreiche Demonstranten zu einem Protestmarsch. Für den Nachmittag wurden mehr als 100.000 Teilnehmer erwartet.

In Hongkong ist die neue Regierungschefin Carrie Lam vereidigt worden. Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping nahm der 59-Jährigen am Samstag den Amtseid ab. Die Zeremonie fand im Rahmen der Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der Rückgabe Hongkongs an China statt.

In der Nähe des Kongresszentrums demonstrierten Demokratie-Aktivisten gegen die neue Regierungschefin. Sie argumentieren, die Wahl der Karrierebeamtin durch ein Peking-treues Komitee stehe sinnbildlich für die fehlende Unabhängigkeit der chinesischen Sonderverwaltungszone.

Anhänger der Zentralregierung in Peking schwenkten chinesische Flaggen und stellten sich dem Protestmarsch in den Weg. Die Polizei nahm daraufhin einige der Demokratie-Befürworter vorübergehend in Gewahrsam.

Großbritannien hatte seine Kronkolonie Hongkong am 1. Juli 1997 an die Volksrepublik übergeben. Die beiden Länder vereinbarten, dass Hongkong nach dem Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" für 50 Jahre Sonderrechte eingeräumt werden. Das Außenministerium in Peking teilte aber am Freitag mit, es fühle sich nicht mehr an die Vereinbarung gebunden.

Die Lage in Hongkong ist bereits seit Tagen angespannt: Am Freitag hatten Bürgerrechtler begleitet von einem großen Polizeiaufgebot gegen Xi demonstriert. Unter ihnen war auch Studentenführer Joshua Wong, der erst Stunden zuvor aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden war. Die Demonstranten forderten das "Ende der Ein-Parteien-Diktatur" und die Freilassung des krebskranken Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo aus dem Hausarrest.

Bei Protesten am Mittwoch waren 26 Demokratie-Aktivisten festgenommen worden, darunter auch Wong und der junge Parlamentarier Nathan Law. Wong war einer der Anführer der sogenannten Regenschirm-Revolution, bei der es in Hongkong 2014 Massendemonstrationen für demokratische Reformen gegeben hatte.

Kristin Shi-Kupfer vom Berliner China-Institut Merics berichtete, dass der "sichtbare und unsichtbare Einfluss Chinas" in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen habe. In den Medien gebe es Selbstzensur und wirtschaftlichen Druck durch Anzeigenkunden aus der Volksrepublik, an den Universitäten gebe es politische Einflussnahme bei Postenbesetzungen.

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