Paul Wilders über seinen Bruder Geert: Paranoid und berechnend

Paul Wilders über seinen Bruder Geert: Paranoid und berechnend
Im Interview mit dem "Spiegel" gibt Geert Wilders' Bruder einen seltenen Einblick hinter die Fassade jenes Rechtspopulisten, der in den Niederlanden bald seinen größten politischen Triumph feiern könnte.

Die Parlamentswahlen in den Niederlanden am 15. März könnten seinen endgültigen Durchbruch bedeuten: Umfragen sehen Geert Wilders und seine Partei für die Freiheit (PVV) bei rund 20 Prozent - und damit vor den beiden Regierungsparteien VVD (Volkspartei für Freiheit und Demokratie) und der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Pvda.

Ein Unbekannter ist Geert Wilder freilich schon lange nicht mehr. Wilders ist sogar für die nicht gerade für ihr Feingefühl bekannten Rechtspopulisten Europas ein echter Haudrauf, der Marokkaner auch schon mal als „Abschaum“ und den Islam nicht als Religion, sondern als „antisemitische Ideologie“ bezeichnet. „Im Koran steht mehr über Antisemitismus, als es jemals in Hitlers ‚Mein Kampf’ oder anderen furchtbaren Büchern gab“, sagte er zuletzt in einem Interview mit der ARD.

Sozial isoliert

In einem bemerkenswerten Interview im deutschen Nachrichtenmagazin Spiegel lernt man Geert Wilders jetzt auch von einer neuen Seite kennen – und zwar aus der Perspektive seines älteren Bruders Paul.

Und der sieht die Selbstinszenierung seines Bruders als „wahren Vertreter des niederländischen Volkes“ als ziemlich befremdlich, schließlich habe "kaum ein anderer Politiker so wenig Kontakt zum Volk wie Geert."

Seit zwölf Jahren lebt Geert Wilders zusammen mit seiner Frau an einem geheimen Ort, braucht permanenten Personenschutz. "Er kann nicht einfach raus auf die Straße gehen." Wilders hat im Laufe der Jahre mehrere ernstzunehmende Morddrohungen von Islamisten erhalten. "Wenn man deswegen ständig bewacht wird, wird man noch paranoider", erklärt Paul in dem Interview. Geerts Welt sei sehr klein geworden: das Parlament, öffentliche Veranstaltungen und die Wohnung, erzählt Paul in dem Interview. "Er ist sozial isoliert, entfremdet sich vom normalen Alltagsleben. Das tut keinem Menschen gut."

Kalkül

Geert sei "überzeugter Islamgegner", aber es sei auch eine Menge Taktik und Machtstreben dabei. Nach dem 11. September, den Morden an dem Politiker Pim Fortuyn 2002 und dem Filmemacher Theo van Gogh 2004 habe sein Bruder dann erkannt, dass es eine Lücke in der politischen Landschaft gab, und sich als Islamgegner profiliert, beschreibt Paul Wilders.

Dass er Wilders mäßigen könnte, glaubt er nicht. Bei Familienfeiern würde das Thema Politik ausgeklammert. "Da sprechen wir nie über Politik, das ist tabu", so Paul. "Alle wissen: Würden wir da eine Diskussion anfangen oder ihn gar kritisieren, dann ginge er, und wir sähen ihn nie mehr wieder, er würde alle Kontakte abbrechen."

An die gemeinsame Jugend erinnert sich Paul mit Schrecken. "Er war eine entsetzliche Plage. Egozentrisch und aggressiv", sagt er in dem Interview mit dem Spiegel. Sein Benehmen den Eltern gegenüber sei katastrophal gewesen. "Er war schon damals extrem, selbst für einen Pubertierenden. Er hat einen Tunnelblick. Kompromisse gibt es für ihn nicht."

Trotzdem fühlt sich Paul Wilders seinem Bruder noch immer verbunden. "Lieben Sie Ihren Bruder eigentlich noch?", wird er im Interview gefragt. "Natürlich", antwortet er. "Ich bin politisch mit ihm völlig uneins. Aber er ist mein Bruder. Ich glaube, dass er unglücklich ist. Das macht mich auch unglücklich."

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