CDU mit Merkels Frauen-Power

German Chancellor and leader of Germany's Christian Democratic Union (CDU), Angela Merkel acknowledges the applause of the delegates after her speech at the CDU's annual party meeting in Hanover, December 4, 2012. Merkel kicks off her re-election drive on Tuesday at a congress of her conservative Christian Democrats (CDU), where the chancellor will be feted like a star for defending German interests in the euro zone crisis. REUTERS/Kai Pfaffenbach (GERMANY - Tags: POLITICS)
Zum Auftakt des Wahlkampfes glänzt die Kanzlerin als Krisenmanagerin – und Frauencoach.

So gut war die Stimmung der 1000 Delegierten in Hannover auf einem CDU-Parteitag schon lange nicht. Das machen die guten Umfragen: Sie geben ihr einen stabilen Fünf- bis Sieben-Prozentpunkte-Vorsprung auf die SPD, deren Kanzlerkandidat Peer Steinbrück noch keine Punkte machen konnte. Und das zehn Monate vor der deutschen Bundestagswahl.

Dass das so ist, verdankt die Partei fast nur einer Person: Angela Merkel. Sie überstrahlt die meisten Sorgen und manchen Unmut der Basis. Im achten Jahr ihrer Kanzlerschaft erlebt die CDU-Chefin einen Höhenflug in der Beliebtheit der Wähler, wie vor ihr nur CDU-Kanzler Helmut Kohl im Taumel der Wiedervereinigung.

Selbstbewusster und etwas weniger nachdenklich als früher war denn auch ihre Hauptrede, „eine ihrer rhetorisch besseren“, wie die Presse urteilte. Auch wenn Merkel darin „nichts Überraschendes zu sagen hatte“ (Focus). „Wir bewegen uns in stürmischen Zeiten und manchmal sogar in schwerer See. Aber es ist die CDU, die das Land mit klarem Kompass steuert.“ Mit diesem Satz war schon viel, wenn nicht alles gesagt über die kommende Wahlkampf-Taktik der Partei. Wenngleich auch gilt: „Aus Dankbarkeit ist noch nie jemand gewählt worden.“

Werben um Mittelstand

Deshalb klage sie nicht über Probleme, sondern sage, wie sie die Zukunft gestalten wolle. Wichtig seien Wachstum und da „vor allem der Mittelstand als Rückgrat der Wirtschaft“. Das Programm von Rot-Grün sei ein „Mittelstands-Gefährdungsprogramm“, griff sie heftiger als sonst die Opposition an. Dafür bekam sie großen Beifall.

Dann das übliche Bekenntnis zur „sozialen Marktwirtschaft“, bei dem sie stärker als sonst noch den Wert der Familie betonte. Dabei erklärte Merkel klar ihre Sympathie für die von den CDU-Frauen geforderte höhere Anerkennung von Er­ziehungsleistungen älterer Rentnerinnen durch mehr Geld. Es ist dies eines der Hauptthemen auf diesem Parteitag, auch weil diese Forderung bis zu 20 Milliarden Euro pro Jahr kosten würde. Damit ist nun auch sicher, dass die Partei mit diesem Zuckerl für Kernwähler in den Wahlkampf zieht. Ältere Frauen wählen die CDU traditionell mehr als Männer – und das nicht nur wegen der Frau an der Spitze.

Die von einer kleinen Gruppe Delegierter geforderte steuerliche Gleichstellung Homosexueller mit Familien begrüßte Merkel hingegen nur reserviert, und der Antrag wurde in der Folge auch abgelehnt: Die Partei zielt nun mehr auf Stamm- und weniger unsichere Wechselwähler.

Spott für die FDP

Und schließlich Spott für den taumelnden Koalitionspartner in Form eines Zitats: „Gott hat die FDP nur geschaffen, um uns zu prüfen.“ Das war die Absage der CDU-Chefin an die von der FDP geforderte Hilfe mit einer Solidaritätskampagne. Für ihre Rede wurde Merkel mit acht Minuten Applaus belohnt.

Die anschließenden 98 Prozent für ihre Wiederwahl waren ihr bestes Ergebnis bisher, ein auch von ihr wohl unerwarteter Triumph.

Die Wahl ihrer Parteichef-Stellvertreter brachte auch kleine Überraschungen: Die junge Julia Klöckner erhielt sehr gute 93, der konservative Hessen-Ministerpräsident Volker Bouffier beachtliche 83 Prozent. Ursula von der Leyen bekam magere 69 Prozent so wie die Parteichefs in Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, mit 67 und der in Baden-Württemberg, Rudolf Strobl mit 68 Prozent. Die Zukunftshoffnungen der Partei liegen nur auf diesen Damen – und ihrer Nummer Eins.

Die parteiinternen Schwächen spielen auf dem Wahlparteitag wenig Rolle: CDU-Chefin Merkel zehrt bewusst vom wichtigsten Kapital jedes Politikers.Zehn Monate vor der Wahl ist die Ausgangslage für Kanzlerin Angela Merkel auf ihre dritte Regierungszeit besser, als es viele sich noch im Sommer vorstellen konnten. In der alles dominierenden Staatsschulden-Krise ist Deutschland der Drehpunkt für eine möglichst sanfte Bewältigung. Was an Risken jetzt angehäuft wird, von der Haftung bis zum Gelddrucken, besorgt nur manche Fachleute. Die Krise aber lässt Angela Merkel als deren stille und stete Managerin strahlen, auch, weil weder die Opposition noch die anderen Länder Alternativen zu haben glauben. In Krisenzeiten schart sich das Volk um die Führung und das tut es laut Umfragen auch jetzt. Auch, weil die Deutschen von deren Nachteilen bisher verschont bleiben.

Dass zur Führung der Koalitionspartner FDP nicht mehr zählt, wird das innenpolitische Hauptproblem Merkels. Sie wird auch das lösen – nach der Wahl, für die dieser Parteitag ein durchaus ernst zu nehmender und gelungener Anlauf war.

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