Iran-Wahlen: Hohe Beteiligung lässt Reformer hoffen
Bei der von den Reformern mit großen Hoffnungen verbundenen Parlamentswahl im Iran hat sich am Freitag eine hohe Beteiligung abgezeichnet. Augenzeugen berichteten von Schlangen vor vielen Wahllokalen in der Hauptstadt Teheran. Auch das Innenministerium sprach am Abend von einer hohen Beteiligung. Die Wahllokale schlossen mit fast sechs Stunden Verspätung um 23.45 Uhr Ortszeit (21.15 Uhr MEZ)
Landesweit habe es keine Unregelmäßigkeiten oder Zwischenfälle gegeben, hieß es. Alle Angaben zur Wahl kommen exklusiv vom Innenministerium und können daher nicht unabhängig verifiziert werden.
Bis Mitternacht verlängert
Die über 1000 Wahllokale sollten ursprünglich bis 18.00 Ortszeit (15.30 MEZ) geöffnet sein. Wegen des großen Andrangs musste die Abstimmung aber bis Mitternacht verlängert werden, sagte ein Ministeriumssprecher. Das staatliche Fernsehen berichtete schließlich von einem Wahlschluss um 23.45 Uhr. Die Wähler stimmten am Freitag auch über die 88 Sitze im Expertenrat ab, der sowohl über die Ernennung als auch die Abwahl des obersten Führers des Irans entscheidet.
Präsident Hassan Rouhani (Rohani) zeigte sich nach der Stimmabgabe im Innenministerium zufrieden mit dem Ablauf. Der Spitzenkandidat der Reformer, Mohammed-Reza Aref, sagte in Teheran: "Wir könnten heute die 70-Prozent-Marke knacken." Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Reformer nach dem Sieg Rouhanis bei der Präsidentenwahl 2013 nun im Parlament die zwölfjährige Dominanz der Koalition aus Konservativen und Hardlinern beenden könnten.
Der Spitzenkandidat der Konservativen und Hardliner, Gholam-Ali Hadad-Adel, bezeichnete die Wahl als "ein Fest der religiösen Demokratie", die die Einheit des Landes spiegle. Er sei zuversichtlich, dass das Wahlergebnis zugunsten der revolutionären Kräfte ausgehen werde.
Referendum für oder gegen Rouhani
Einige Beobachter werten die Wahl als ein Referendum für oder gegen Rouhanis Kurs. Neben den neuen Mehrheitsverhältnissen im Parlament sei es politisch auch sehr wichtig, wer von den beiden Spitzenkandidaten die meisten Stimmen bekommt.
Die Abstimmung gilt als erster Stimmungstest nach dem im Vorjahr zwischen Teheran und dem Westen geschlossenen Atomabkommen und der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen im Jänner. Um die 290 Parlamentssitze bewerben sich mehr als 4800 Kandidaten. Von der hohen Wahlbeteiligung könnten die Reformer mehr profitieren. Die stille Mehrheit im Land mag nicht unbedingt für die pro-Rouhani Reformer sein, aber definitiv gegen die Hardliner.
Im Expertenrat konkurrieren hochrangige Kleriker ebenfalls aus beiden Lagern. Dabei ist die Teheran-Liste der Reformer mit dem früheren Präsidenten Akbar Hashemi Rafsanjani und Rouhani stärker besetzt. Obwohl der Expertenrat nicht in aktuellen politischen Entwicklungen involviert ist, hat das Ergebnis der Wahl dennoch Bedeutung. Das Gremium wurde jahrelang von erzkonservativen Klerikern geleitet. Nach Meinung von Beobachtern könnte ein Sieg der Reformer den Einfluss dieser Kleriker erheblich reduzieren.
Wahlberechtigt sind fast 55 Millionen Bürger landesweit, darunter 8,5 Millionen in der Hauptstadt Teheran. Das Ministerium rechnet für Samstag mit ersten belastbaren Ergebnissen. Allerdings könne es wegen der Doppelwahl auch Verzögerungen geben.
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