Palästina ist UN-Beobachterstaat

Palästina ist UN-Beobachterstaat
Die Vollversammlung stimmte am Donnerstag über eine entsprechende Resolution ab.

Gegen den scharfen Widerstand der USA und der israelischen Regierung hat die Weltgemeinschaft Palästina faktisch anerkannt. Die UNO-Vollversammlung stimmte am Donnerstag für eine Aufwertung der Palästinenser zum Beobachterstaat ("Non-member-state"). Für den Antrag stimmten 138 Staaten, neun votierten dagegen, 41 enthielten sich der Stimme. Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas erzielt damit seinen bisher größten diplomatischen Erfolg - und das nur wenige Tage nach Ende des Gaza-Konflikts, der ihn politisch weiter an den Rand gedrängt hatte.

Auch wenn es sich nicht um die bei der Vollversammlung vor einem Jahr noch angestrebte Vollmitgliedschaft handelte, gilt der Status als wichtiges Instrument in der politischen Auseinandersetzung: Die Palästinenser können internationalen Verträgen beitreten und so beispielsweise den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anrufen. Auch war der Beobachterstatus in der Vergangenheit für viele Länder ein Sprungbrett zur Vollmitgliedschaft.

Keine Linie in der EU

Die europäischen Staaten konnten sich im Vorfeld nicht auf eine einheitliche Linie verständigen. Während Deutschland sich der Stimme enthielt, kündigte Österreich, Frankreich und andere Staaten an, für die Anerkennung zu stimmen. Für den Erfolg des Palästinenser-Antrags reichte eine einfache Mehrheit in der Vollversammlung. Die USA und Israel sehen im Gang der Palästinenser zur UNO eine Abkehr vom Prinzip direkter Verhandlungen. Dahinter stecke das Ziel, eigene Zugeständnisse an Israel im Gegenzug für die staatliche Anerkennung zu umgehen. Die Kritiker haben angekündigt, der Palästinensischen Autonomiebehörde dringend benötigte Gelder zu streichen.

 Abbas regiert im Westjordanland, weigert sich aber seit zwei Jahren, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und begründet dies mit dem anhaltenden Bau von Wohnungen durch Israel in den besetzten Gebieten. Die radikalislamische Hamas, die im Gazastreifen herrscht, hat sich die Vernichtung Israels auf die Fahnen geschrieben. Trotz der prinzipiellen Ablehnung der diplomatischen Bemühen unterstützte die Hamas aber den Antrag von Abbas.

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Jahrelanger Prozess

Seit Jahrzehnten ringen die Palästinenser mit Israel um einen eigenen Staat, auf dem Verhandlungsweg und mit Gewalt. Den Gang über die Vereinten Nationen forcierten sie, nachdem die Friedensgespräche im Herbst 2010 erneut gescheitert waren, bevor sie überhaupt wieder richtig begonnen hatten. Die Palästinenser hatten die Gespräche nach wenigen Wochen platzen lassen, weil die israelische Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu den Bau jüdischer Siedlungen im besetzten Westjordanland wieder zugelassen hatte.

Die Einigung von Israelis und Palästinensern auf eine Zwei-Staaten-Lösung, das Mantra der internationalen Gemeinschaft im Nahost-Konflikt, liegt in weiter Ferne. Die Autonomiebehörde in Ramallah strebt daher im Alleingang die staatliche Anerkennung in den Grenzen vor dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 an, also mit dem Westjordanland, dem Gazastreifen und Ost-Jerusalem. Mehr als 130 Länder weltweit haben Palästina bereits zum Staat erklärt.

Palästina ist UN-Beobachterstaat
Bei den Vereinten Nationen verfügten die Palästinenser seit der Anerkennung der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in den 1970er Jahren nur über einen einfachen Status, vergleichbar mit internationalen Organisationen. Als aufgewerteter "Beobachterstaat" würden den Palästinensern neue diplomatische Werkzeuge zur Verfügung stehen, außerdem könnten sie einer Reihe von UN-Organisationen beitreten. Die UNO würde den Palästinensern quasi Staatsqualität bescheinigen und ein "gewisses Prestige" verleihen, sagt Politikexpertin Vera Jelinek von New York University.

Vor allem sorgt der mögliche Zugang der Palästinenser zum internationalen Strafgerichtshof (IStGH) für Aufregung. Der palästinensische UN-Vertreter Rijad Mansur warnte bereits, dass Israel mit einer Klage rechnen müsse, sollte es weiter die UN-Resolutionen gegen den Siedlungsbau brechen. Allerdings ist der IStGH keine UN-Organisation, die Beziehung zwischen beiden Institutionen regelt ein Kooperationsabkommen.

Israel wartet erstmal ab, wie die Palästinenser mit dem neuen Status umgehen werden. "Wenn sie diese Resolution als Plattform für Konfrontation nutzen, werden wir entsprechend handeln müssen", sagte eine Regierungssprecherin. Sollten sich die Palästinenser dagegen mit einer symbolischen Aufwertung begnügen, "werden wir keine drastischen Maßnahmen ergreifen".

Israels enge Verbündete in den USA halten den Vorstoß aus Ramallah für einen "Fehler" - und könnten ihre finanzielle Unterstützung für die Palästinenser herunterfahren. Der Kongress hat bereits rund 200 Millionen Dollar an Hilfsgeld eingefroren. Die Europäer geben sich derweil uneins. Während Frankreich diese Woche vorpreschte und erklärte, für eine Aufwertung zu stimmen, will Deutschland nicht dafür stimmen.
 

Kaum einer zweifelt daran, dass die Palästinenser am Donnerstag eine Mehrheit in der UN-Vollversammlung bekommen. Aber was kann das bringen?

Welchen Status hätten die Palästinenser bei den UN?

Der Weg zur Vollmitgliedschaft ist den Palästinensern versperrt, weil die USA mit einem Veto drohen, solange es keinen Frieden mit Israel gibt. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas nutzt nun die Hintertür durch die Vollversammlung, in der ihm eine große Mehrheit sicher ist. Die kann jedoch nur die Aufwertung zum Beobachterstaat beschließen. Die palästinensische Fahne würde dann immer noch nicht bei den UN wehen, aber der Begriff "Staat" wäre ein Prestigeerfolg.

Welche konkreten Folgen hätte der Beobachterstatus?

Nur wenige. Die Palästinenser könnten sich in viele Ausschüsse der UN wählen lassen, Stimmrecht in der Vollversammlung hätten sie aber auch weiter nicht. Aber innerhalb der UN-Organisationen würden die Palästinenser dann als Staat behandelt. Dass heißt aber nicht, dass die 193 Mitgliedsländer das auch tun müssen. Die Anerkennung ist eine bilaterale Sache, die von jedem Land einzeln entschieden wird. Allerdings könnte sich Palästina in den Internationalen Strafgerichtshof wählen lassen - und dort Israelis wegen Taten in den besetzen Gebieten beschuldigen.

Wie wird abgestimmt?

In der Vollversammlung gibt es kein Vetorecht. Jedes Land hat eine Stimme - egal ob China mit 1,34 Milliarden oder Fidschi mit 10.000 Einwohnern. Oder die USA, die fast ein Viertel des UN-Haushaltes bezahlen. Die Abstimmung ist öffentlich: Die Delegierten drücken einen grünen, roten oder gelben Knopf und ein paar Sekunden später ist auf einer meterhohen Anzeige zu sehen, ob ein Land mit "Ja", "Nein" oder "Enthaltung" gestimmt hat.

Hat der Antrag Chancen?

Eindeutig ja! Es genügt eine einfache Mehrheit, also 97 der 193 UN-Mitglieder. Insidern zufolge kann sich Abbas aber etwa 130 Stimmen sicher sein. Die USA lehnen den Antrag zwar ab, wie auch die Niederlande und andere Europäer. Aber zum Beispiel Frankreich und Österreich wollen mit den Palästinensern stimmen. Deutschland hat sich noch nicht festgelegt, ein "Ja" aber schon ausgeschlossen.

Wäre "Palästina" der einzige Beobachterstaat?

Einen gibt es schon, das ist seit 1964 der Vatikan. Diese Rolle hatten aber schon viele Staaten vor der ordentlichen Aufnahme. Die Schweiz etwa war 56 Jahre "Beobachter", bevor sie 2002 Mitglied wurde. Und auch die beiden deutschen Staaten hatten den gleichen Status, bevor sie 1973 in die Vereinten Nationen aufgenommen wurden.
 

Palästina
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Die Aufwertung in der UNO löst zwar keine Probleme, ist aber ein Signal. Respekt, das war einmal eine mutige Entscheidung der österreichischen Außenpolitik. Das Ja der Republik vor der UNO, Palästina als Staat einen Beobachterstatus einzuräumen, wird zwar das ohnehin angespannte Verhältnis zu Israel weiter belasten, nichtsdestotrotz war es richtig.

Natürlich ist es wahr, dass Deutschland und auch Österreich wegen ihrer Geschichte eine besondere Verantwortung gegenüber dem jüdischen Volk haben. Die besondere Verantwortung bedeutet aber nicht, dass Wien den Freunden in Tel Aviv und Jerusalem gleichsam einen Blanko-Scheck für ihre Politik ausstellt. Die Palästinenser kämpfen seit 65 Jahren mit legalen und illegalen Mitteln für ihren Staat – sie sollten ihn schon längst haben.

Mit der Aufwertung in der UNO sind sie diesem Ziel freilich keinen Millimeter nähergekommen, aber sie haben einen symbolischen Erfolg errungen. In diesem wird sich Palästinenser-Präsident Abbas, dem das politische Heft längst entglitten ist, nur kurz sonnen können. Der Alltag in der Region heißt im besten Fall Stillstand.

Daran wird sich nur etwas ändern, wenn die Welt ihren Beobachterstatus in dem Konflikt aufgibt und beide Seiten in die Verantwortung zwingt.

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