Oslo: Geistige Munition aus FPÖ-Welt

Oslo: Geistige Munition aus FPÖ-Welt
Der Attentäter hat sich von Websites inspirieren lassen, auf denen die FPÖ angesehen ist. Experten fordern eine Reaktion der Partei.

Elisabeth Sabaditsch-Wolff ist sonst nicht dafür bekannt, dass sie ihre Meinung versteckt. Aber dazu, dass sie "Österreich-Korrespondentin" just einer von jenen Websites ist, aus denen der Oslo-Attentäter sein Weltbild zusammengezimmert hat, findet sie nur knappe Worte.

Sie ist keine Mandatarin, steht der Partei aber nahe: Im Vorjahr hat sie Parteichef Heinz-Christian Strache auf dessen Israel-Reise begleitet; wegen Aussagen von ihr im FPÖ-Bildungsinstitut wurde sie im Februar wegen Herabsetzung religiöser Lehren verurteilt (nicht rechtskräftig) - NEWS hatte die Aussagen publik gemacht. Wie der KURIER am Montag berichtete, haben es einige ihrer Beiträge auf der Website "Gates of Vienna" in das 1518-Seiten-Pamphlet des Oslo-Attentäters geschafft. Der Rechtsextremismus-Experte Heribert Schiedel vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes charakterisiert diese Seite so: "Sie gehört zum Netz der ,Gegen-Dschihadisten', die sich als Nachfolger der Kreuzritter sehen. In jedem Sinne." Außerhalb der Neonazi-Szene sei dieses Netzwerk "sicher jenes, das am meisten mit Gewalt- und Kampfmetaphern arbeitet. Bei den Neonazis geht es um den Rassenkrieg, hier wird daraus ein ,Kulturkampf'. Sie behaupten, sie würden sich auf ,geistige Mittel' beschränken. Nun ist es einmal blutig geworden."

Munition

Oliver Rathkolb vom Zeitgeschichte-Institut der Universität Wien fordert von der FPÖ nun ein "eindeutiges Signal" der Distanzierung. "Solange sie diese Politik fortführt, steht sie außerhalb des Verfassungsbogens." Schiedel sagt, Sabaditsch-Wolff habe "die geistige Munition wohl nicht absichtlich geliefert. Für die Zeit davor kann ich ihr keinen Vorwurf machen. Aber entscheidend ist, was sie jetzt tut. Jetzt könnte sie Verantwortung übernehmen und sich distanzieren. Ab jetzt muss man immer mitbedenken, dass solche Leute mitlesen - und was das letztlich bewirken kann."

Sabaditsch-Wolff ließ am Dienstag per Aussendung wissen: Sie verurteile die Anschläge und dass der Attentäter "glaubte, sich in seinem Pamphlet auch auf meine Ansichten beziehen zu müssen". Sie wehre sich gegen Vereinnahmung und lehne jede Form von Gewalt ab. Wenn Kritik Schuld an Attentaten sei, dann müsse man fragen, ob die Kritik an Mahatma Gandhi an dessen Ermordung schuld sei. Von "Gates of Vienna" ist keine Rede. Die Betreiber der Setie - die selbst in keiner Verbindung mit dem Oslo-Massaker stehen - sind offensichtlich FPÖ-Fans: Durchsucht man die Seite nach Einträgen zu den Stichwörtern "Faymann" oder "Spindelegger", gibt es je 33 Treffer. Sucht man "Strache", gibt es 4060 Fundstellen.

Mäßigung

Die FPÖ-Kampagnen sind nun erneut in der Kritik: die Schüttelreime, das "Moschee"-Videospiel und das "Türkenbelagerungs"-Comic, aber auch die Kampagnen - nicht zuletzt, weil es mit dem Verweis auf das angebliche "Nikolaus-Verbot" in Wiener Kindergärten eine FPÖ-Kampagne sogar direkt in das Pamphlet von Anders Breivik geschafft hat.

Auf die Frage, ob die FPÖ nun bei ihren Kampagnen "auf das Bremspedal" steigen werde, sagt Vize-Parteichef Norbert Hofer zum KURIER: "Das hat nix mit Oslo zu tun. Wir müssen als Oppositionspartei vielleicht mehr unterstreichen, wofür man ist, und nicht, wogegen man ist."

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