Oslo: FPÖ als "unfreiwillige Inspiration"
Heinz-Christian Strache ist empört. "Primitiv und letztklassig" sei es, wenn man das Oslo-Massaker mit Österreichs Politik in Verbindung bringe. Strache wehrt sich gegen "voreilige Vereinnahmung" politischer Strömungen.
Nach dem Massaker sind Rechtsparteien in Europa unter Druck. Es geht nicht um eine konkrete Mitschuld, wohl aber um die Radikalisierung von Sprache und das Schüren von Ressentiments. Und Verbindungen. In seinem Pamphlet erwähnt Oslo-Attentäter Breivik
FPÖ und BZÖ positiv. Für Strache ist es "pietätlos" und "unfassbar", wenn seine Partei nun in die politische Nähe des Attentäters gerückt wird.
Gänzlich kann die FPÖ die inhaltliche Nähe aber nicht abstreiten:
Breivik verlinkt in seinem Pamphlet zwei Mal auf Texte von Elisabeth Sabaditsch-Wolff, wie der Grüne Nationalrat Karl Öllinger kritisiert. Sabaditsch-Wolff hat früher Seminare im FPÖ-Bildungsinstitut geleitet, für Aussagen in ihren Islam-Seminaren wurde sie wegen Herabwürdigung religiöser Lehren erstinstanzlich (nicht rechtskräftig) verurteilt. Im Dezember hat sie Strache auf dessen Israel-Reise begleitet. Ihre Texte, auf die Breivik sich bezieht, sind auf der Seite "Gates of Vienna" erschienen. Der Name ist eine Anspielung auf die Türkenbelagerung, die - wohl US-amerikanischen - Betreiber gehen laut dem Titel des Weblogs davon aus, dass man in einer "neuen Phase eines sehr alten Krieges" sei. Für diese Seite ist Sabaditsch-Wolff regelmäßig als "Österreich-Korrespondentin" tätig. So bezeichnen sie die Betreiber von "Gates of Vienna". Die Texte von Sabaditsch-Wolff erscheinen unter dem Kürzel "ESW", sie ist auf Fotos zu sehen, "ESW" nennt sie sich auch auf ihrer eigenen Seite. Sie war am Montag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
FPÖ-Vizechef Norbert Hofer sagt zum KURIER: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie Freude damit hat. Ich kenn' sie als jemanden, der Gewalt kategorisch ablehnt. Wir haben damit natürlich auch keine Freude."
Vernetzt
Der Grüne Öllinger sagt: "Sie ist in der Szene bekannt wie ein bunter Hund. Sie ist mit Sicherheit ein Verbindungsglied von der FPÖ in die radikalisierte islamfeindliche Szene." Heribert Schiedel, Rechtsextremismus-Experte im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW), sieht weitere Einflüsse der FPÖ auf die Gedankenwelt Breiviks. Dass er den Mythos vom Nikolaus-Verbot in Wiens Kindergärten aufgreife, sei der FPÖ-Kampagne geschuldet: "Wie sollte er sonst darauf kommen?" Auch dass die Türkenbelagerung von Wien im virtuellen Raum als Schlagwort immer häufiger auftauche, sei auf die "unfreiwillige Inspiration durch die FPÖ zurückzuführen".
Verhetzt
Wie Attentäter Breivik pflege die FPÖ "Angstmache und Weltuntergangsszenarien. Diese Sachen sind sicher nicht allein der Auslöser von Amokläufen. Aber wenn derartige Hetze auf Paranoia trifft, ist das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt", sagt Schiedel. Auf die Frage, ob die FPÖ ihre Slogans überdenken wolle, sagt Partei-Vize Hofer: "Man muss sich gegen Gewalt und Hass immer stark machen. Wir haben versucht, mit Positiv-Botschaften in den Wien-Wahlkampf zu gehen. Dass man aber auch kurze Slogans auf Plakate setzt, das wird immer so sein."
Neben den fragwürdigen Reimen gehörten zum Repertoire der FPÖ zuletzt die Comics zur "Türkenbelagerung" und das "Moschee-Baba-Spiel". 2007 sagte
Strache, im Kampf gegen den Islamismus müsse er symbolisch den "Kampfanzug" anziehen. "Von allen Parteien gibt es in parlamentarischen Debatten grenzwertige Aussagen", sagt Hofer. Das "Moschee-Spiel" sei im Vergleich zu anderen Spielen gar nicht gewalttätig - "als Kinder haben wir Cowboy und Indianer gespielt, aber deshalb ist keiner auf die Idee gekommen, wem Leid anzutun."
Internationale Reaktionen
Die niederländische Tageszeitung de Volkskrant kommentiert das Attentat: "Die Zeit der Naivität ist vorbei. Das gilt auch für die Folgen, die radikale politische Ansichten nach sich ziehen können, selbst wenn sie zur Meinungsfreiheit passen. Breiviks Gedankengut ist ein ideologischer Mischmasch, aber unverkennbar sind rechts-populistische Ideen seine wichtigste Inspirationsquelle." Ähnlich tönt die französische Le Monde: "Die Regierung unterschätzt nicht die Terrorgefahr, die die Ultrarechte mit ihrem explosiven ideologischen Cocktail darstellt: Hass auf den Islam und die Einwanderer."
Rechtspopulistische Parteien aus
Europa verbieten sich - hier ist man mit der FPÖ auf Linie - eine Verbindung zum Attentat (siehe Bildergalerie). EU-Regierungschefs rufen zum gemeinsamen Kampf gegen Rassismus in der EU auf.
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