Orbán will im Streit mit EU offenbar einlenken

Der ungarische Premierminister ist laut EVP-Kollegen angeblich bereit, die Forderungen Brüssels im Streit um das umstrittene Hochschulgesetz zu erfüllen.

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban will offenbar im Streit um das jüngst erlassene Hochschulgesetz einlenken. Das erklärte ein Sprecher der Europäischen Volkspartei (EVP) in Brüssel am Samstag am Rande eines Parteitreffens. Orban hätte zugesagt, die Forderungen Brüssels zu erfüllen. Die EU-Kommission hatte am Mittwoch ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet.

EVP-Präsident Joseph Daul erklärte laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa), nach einem "offenen Gespräch" mit Orban habe dieser zugesichert, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um den Forderungen der Kommission nachzukommen. "Wir werden nicht akzeptieren, dass grundlegende Freiheiten eingeschränkt oder die Herrschaft des Rechts missachtet wird." Die "offene Anti-EU-Rhetorik" der Kampagne "Stoppt Brüssel" sei nicht hinnehmbar.

Durch die Anfang April in Budapest beschlossene Gesetzesnovelle müssen ausländische Hochschulen künftig neben einem Standort in Ungarn auch eine Niederlassung in ihrem Heimatland vorweisen. Die Änderung zielt offenbar auf ein Ende der vom US-Milliardär George Soros im Jahr 1991 gegründeten Central European University (CEU) ab, die diese Anforderung nicht erfüllt.

Auch EU-Fragebogen beanstandet

Außerdem leitete die EU-Kommission ein Verfahren wegen der von Orban initiierten Fragebogen-Aktion unter dem Titel "Stoppt Brüssel" ein. Der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, erklärte dazu, beim Fragebogen seien "einige Angaben entweder falsch oder irreführend".

Der EVP-Fraktionschef im EU-Parlament, Manfred Weber, betonte vor dem Treffen mit seinen Parteikollegen am Samstag, "Ungarn muss jetzt Konsequenzen ziehen". Gleichzeitig verwies der deutsche Politiker darauf, dass "Orban bisher immer bereit war, auch die Spielregeln Europas zu akzeptieren". Der Ball liege aber jetzt bei dem Chef der rechtskonservativen Fidesz. Ein Ausschluss der Orban-Partei war Weber liege aber derzeit nicht auf dem Tisch.

Österreichs Vertreter Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner war bei dem Treffen in Brüssel nicht vertreten. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder fordert unterdessen seinen Koalitionspartner auf, sich u.a. von seiner Schwesternpartei Fidesz zu distanzieren.

Hahn: "Tut seinem eigenen Land nichts Gutes"

EVP-Vizepräsident Johannes Hahn (ÖVP) hat ebenso scharfe Kritik an Orban und dessen EU-kritischer Politik geübt. Orban sei "manchmal auf einer Populismuswelle", die "letztlich auf Kosten der europäischen Idee geht", sagte Hahn am Samstag in Valletta gegenüber der APA.

"Dass Viktor Orban unser aller Geduld einigermaßen strapaziert hat steht außer Frage", so Hahn. Vom EVP-Treffen in Brüssel gebe es wohl "klare Botschaften", dass Orban nachhaltig sein Verhalten ändern müsse, erwartete Hahn. Ansonsten würden Orban "in der Tat entsprechende Konsequenzen drohen". Man werde seitens der EVP auf jeden Fall von Orban Taten verlangen und nicht nur Ankündigungen.

"Er beschließt in Rom als Regierungschef eine weitere Stärkung der Europäischen Union mit und macht zeitgleich zuhause ein Stoppt-Brüssel-Referendum. Das passt alles nicht zusammen", sagte Hahn. Dazu komme das Vorgehen gegen die Central European University (CEU). Es sei ein "Treppenwitz der Geschichte", dass Orban mit einem Stipendium von Soros in Oxford studiert habe "und jetzt dagegen agiert".

Glückwünsche an Erdogan

Verwunderung äußerte Hahn auch über die Glückwünsche, die Orban dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zum Verfassungsreferendum übermittelt hatte. "Es hat alle gewundert, genauso wie uns alle gewundert hat, dass (US-)Präsident (Donald) Trump gratuliert hat."

In Ungarn sei der Anteil der EU-Strukturfonds an den öffentlichen Investitionen mit über 90 Prozent der höchste in ganz Europa, sagte Hahn. "Es ist daher schwerst verständlich und verärgert alle, dass er so agiert." Im Gegensatz zu Polen, wo es eine sehr stabile pro-europäische Stimmung in der Bevölkerung gebe, seien die Ungarn offenbar anfälliger , "wenn sie ständig hören, wie schlimm Brüssel ist", sagte Hahn. In der Sache sei Orbans Vorgehen gegen Brüssel "in keinster Weise akzeptabel und gerechtfertigt. Er tut seinem eigenen Land damit nichts Gutes".

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