Österreich zieht letzten Soldaten Ende Juli ab

A member of the U.N. peacekeeping force known as UNDOF (United Nations Disengagement Observer Force) watches as Druze villagers make their way to Syria at the Quneitra crossing in the Golan Heights September 24, 2009. Every year Israel allows Druze religious figures to visit holy graves and relatives in Syria. This year, women joined the 5-day trip for the first time. REUTERS/Ancho Gosh/Jini (ISRAEL RELIGION POLITICS)
Der Abgang des Kontingents hinterlässt eine große Lücke. Die könnte jetzt von den Fidschi-Inseln gefüllt werden.

Es ist ein schmaler Streifen Land, der Diplomaten rund um den Globus derzeit viel Kopfzerbrechen bereitet. Mit dem Abzug der österreichischen Soldaten vom Golan steht die UNDOF-Mission in der Pufferzone zwischen Syrien und Israel auf den Golanhöhen an der Kippe. Auf der syrischen Seite der Zone herrscht ein blutiger Bürgerkrieg. Auf der israelischen Seite stehen bereits Panzer der israelischen Armee bereit. Entsprechend massiv wird nach einer Lösung zur Fortsetzung des UNO-Einsatzes gesucht. Und die könnte mitten im Pazifik liegen: Auf den Fidschi-Inseln. Am Donnerstag bestätigten Diplomaten bei den Vereinten Nationen in New York, dass UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon mit den Fidschi-Inseln und weiteren Ländern Gespräche führe. Die Fidschi-Inseln seien gebeten worden, statt der bisher zugesagten 170 Mann nun doch 300 bis 400 Mann zu schicken.

Auch Schweden bestätigte, mit der UNO in Kontakt zu sein. Es sei aber noch keine Entscheidung gefallen, sagte ein Sprecher von Außenminister Carl Bildt. Auch bei Irland und Finnland hat die UNO angeklopft. Angeblich sind die Regierungen in Stockholm und Dublin bereit, Soldaten zu schicken. Helsinki aber denkt nicht an die Entsendung eines größeren Kontingents. Bestenfalls könne man einige militärische Beobachter bereitstellen.

Geübt im Putschen

Vor allem aber die Anfrage an die Fidschi-Inseln hat es in sich. Zwar haben die Soldaten von den Fidschis Erfahrung mit UNO-Einsätzen. Sie waren an UNO-Missionen im Libanon, im Irak, in Liberia oder auf der Sinai-Halbinsel beteiligt. An Training aber mangelt es zuweilen. So hatten in etwa Polizisten von den Fidschi-Inseln, die die UNMIK-Mission im Kosovo unterstützten, anfangs keinerlei Übung im Umgang mit Schusswaffen.

Die Armee der Fidschi-Inseln zählt 3500 Mann. Abgesehen von internationalen Einsätzen hat sich diese aber vor allem durch Putsche hervorgetan. Armeechef Frank Bainimarama alleine putsche zwei Mal und ist heute – Premierminister. Für 2014 hat er Wahlen versprochen. Hintergrund der unblutigen Umstürze waren oft Konflikte zwischen Fidschianern und Zuwanderern aus Indien, die die Wirtschaft der Landes dominieren.

Genau diese Animositäten mit Indien aber sind ein heikler Punkt, wenn es um den Golan geht. Denn an der UNDOF-Mission sind 193 indische Soldaten beteiligt.

Größter Truppensteller nach dem beschlossenen Abzug der Österreicher sind jetzt die Philippinen mit 341 Mann. Vor einem Jahr hatte die UNDOF-Mission 1100 Mann.

Debatten in Wien

Der Golan-Abzug beschäftigte am Donnerstag auch den Nationalrat. Bis auf das BZÖ waren sich die Parlamentsparteien – trotz internationaler Kritik – über die Richtigkeit der Aktion einig. Sticheleien über mögliche Wahlkampfmotive blieben aber nicht aus. Empört war die Opposition über das unentschuldigte Fehlen von Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger. „Das ist eine Missachtung des Parlaments“, wetterten die Grünen . Spindelegger sei „kurzfristig verhindert“, so ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf.

Nach der Rückkehr der ersten 67 österreichischen Soldaten vom Golan am Mittwoch soll die letzte größere Tranche am 26. Juni abgezogen werden, wurde dem KURIER im Verteidigungsministerium bestätigt.

Wird einem entsprechenden Ansuchen der UNO stattgegeben, sollte eine Gruppe bestehend aus Stabsoffizieren, Ärzten und Sanitätern bis Ende Juli am Golan bleiben. Die Rede ist von maximal 50 Soldaten. Der Antrag der UNO wird derzeit in Wien geprüft. Mit Ende Juli sollte dann kein österreichischer Blauhelm mehr auf dem Golan Dienst machen.

Bilder: Blauhelme kehren vom Golan zurück

Österreich zieht letzten Soldaten Ende Juli ab

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Er war Parlamentspräsident in Israel und Mitglied der Sozialdemokraten. Die Parteipolitik hat Avraham Burg längst hinter sich gelassen – heute arbeitet er als politischer Analyst. Während seines Wien-Aufenthalts sprach der KURIER mit ihm über ...

... den Abzug der Österreicher vom Golan Die Mission war für mehrere Jahre angelegt, jetzt wurden daraus fast vier Jahrzehnte. Und die Situation hat sich dramatisch verschlechtert. Ich verstehe die Österreicher.

... die Kritik von Israels Premier Netanyahu an Österreich Es ist doch nicht wahr, dass Israels Sicherheit von 380 österreichischen Blauhelmen abhängt. Das ist eine manipulative Rhetorik. Netanyahu will immer den Status quo – ansonsten müsste er neue Entscheidungen treffen, und darin ist er nicht gut.

... ein etwaiges Aus für die gesamte UN-MissionDas würde für uns nicht soviel ändern. Der Puffer ist nicht wirklich ein Puffer. Die UNO stand und steht ja auch im Libanon, und trotzdem kam es zur bewaffneten Auseinandersetzung zwischen der (schiitischen) Hisbollah-Miliz und Israel. Die UNO ist zwar der Schiedsrichter in diesem Spiel, wenn das Spiel aber zur Schlacht wird, ist der Schiedsrichter auf verlorenem Posten, niemand kümmert sich mehr um ihn. Zöge die UNO vom Golan zur Gänze ab, würde Israel die jetzige Grenze selbst verteidigen.

... den Bürgerkrieg in Syrien Wichtig wäre zunächst, dass das Schlachten aufhört. Ich glaube, dass es möglich ist, mit dem syrischen Volk Frieden zu schließen. Wie die Führung dann aussehen wird, wird man sehen. Aber es gibt Vernünftige und potenzielle Partner. Selbst Extremisten können, einmal an der Macht, durchaus pragmatisch sein. Wir müssen nehmen, was kommt, und auf jede Entwicklung mit einer Ad-hoc-Politik reagieren.

... eine Bewaffnung der syrischen Rebellen Wenn schon, müsste das Teil einer klaren Politik sein. Die sehe ich im Westen aber nicht.

... die Hisbollah Die „Partei Gottes“ mit ihrer Miliz akzeptiert die Landesgrenzen nicht. Das ist ein echtes Problem für den Libanon. Und die Zukunft der Hisbollah hängt stark damit zusammen, wer die iranischen Präsidentenwahlen am Freitag gewinnt (Teheran unterstützt die Hisbollah).

... den israelisch-palästinensichen Konflikt Schauen Sie, heuer begehen wir 20 Jahre Oslo (Beginn des Friedensprozesses) und in vier Jahren 50 Jahre Besetzung (des Westjordanlandes und Gazastreifens). Und wo stehen wir? Beide Seiten sind wie paralysiert. Wir brauchen einen Post-Oslo-Zugang und einen Paradigmenwechsel. Das heißt: Die Zivilrechte zuerst – nach dem Motto „Jeder hat dasselbe Recht auf dieselben Rechte“. Wir brauchen keinen neuen Friedensprozess, sondern Frieden. Als erster Schritt dazu ist es notwendig, dass die Palästinenser nicht mehr unter israelischer Dominanz leben müssen.

... Obamas Nahost-Engagement Ich bin enttäuscht. Es gibt zwar keine erzwungene Lösung, aber mehr Einsatz, auch von der EU, wäre gut.

TIPP: Avraham Burg wird am 17. Juni, 19 Uhr, an einer Diskussion im Kreisky-Forum („Imploding Balkans – Exploding Middle East“) teilnehmen. Armbrusterg. 15, 1190 Wien.

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