NSA: Verfahren wegen Merkel-Handy möglich

Nach einer monatelangen Prüfung des Spionage-Falles sieht die Ermittlungsbehörde einen "Anfangsverdacht".

Der deutsche Generalbundesanwalt Harald Range hält im Fall des von der NSA ausgespähten Handys der deutschen Kanzlerin Angela Merkel nach einem Spiegel-Bericht die Aufnahme eines förmlichen Ermittlungsverfahrens für möglich. Range habe dem Justizministerium unter Heiko Maas übermittelt, dass er nach monatelanger Prüfung der Vorgänge einen Anfangsverdacht für begründbar halte. Erst gestern betonte US-Präsident Barack Obama in einem ZDF-Interview, das Verhältnis zu Deutschland "nicht beschädigen zu dürfen".

Der Justizminister, der dem Generalbundesanwalt gegenüber weisungsbefugt ist, würde sich gegen Ermittlungen nicht sperren. Eine Sprecherin des Ministeriums bestätigte dies der dpa am Sonntag in Berlin indirekt: "Der Generalbundesanwalt entscheidet vollkommen unabhängig."

Prüfung nicht abgeschlossen

Ob die oberste Strafverfolgungsbehörde ein Ermittlungsverfahren tatsächlich einleiten wird, ist nach Angaben aus Justizkreisen offen. Nach Informationen der dpa ist die Prüfung des Vorgangs noch nicht abgeschlossen. Nach wie vor seien Teile des vom Generalbundesanwalt an die deutsche Bundesregierung übermittelten Fragenkatalogs noch nicht beantwortet.

In einem Gespräch mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier habe Maas darauf hingewiesen, dass dem deutsch-amerikanischen Verhältnis im Zuge der NSA-Spionageaffäre möglicherweise eine neue Belastungsprobe bevorstehe, schreibt der "Spiegel". "Es könnte da etwas auf uns zukommen", wird Maas zitiert. Steinmeier und Merkel seien noch unentschieden, wie sie zu einem Ermittlungsverfahren stünden.

"Dass es Rechtsverstöße auf deutschem Boden gegeben hat, scheint mir ziemlich eindeutig"

Abgeordnete aller Bundestagsfraktionen halten Ermittlungen wegen des ausgespähten Handys für geboten. Linksfraktionschef Gregor Gysi warf Regierung und Bundesanwaltschaft "duckmäuserisches Verhalten" gegenüber Washington vor. Der neue Vorsitzende des Parlamentarischen Gremiums zur Kontrolle der Geheimdienste, Clemens Binninger (CDU), sagte dem Magazin: "Dass es Rechtsverstöße auf deutschem Boden gegeben hat, scheint mir ziemlich eindeutig. Daher wäre aus meiner Sicht zumindest ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt nachvollziehbar."

Der SPD-Innenexperte Michael Hartmann sagte, er erwarte baldmöglichst Klarheit. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele betonte, es sei absurd, dass die Sachlage für einen Anfangsverdacht nicht ausreiche: "Die suchen einfach Gründe, sich zu drücken, weil ihnen die Sache zu heikel ist."

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