Spionage: Pilz zeigt fünf Deutsche an

Spionage: Pilz zeigt fünf Deutsche an
Nicht nur in Österreich, in ganz Europa wurden Leitungen angezapft. Deutsche Telekom- und BND-Mitarbeiter angezeigt, auch Luxemburg klagt.

Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht". Das Wort von Bundeskanzlerin Merkel nach der Abhöraffäre ihres Handys durch den US-Geheimdienst NSA 2012 war das von den drei Grünen im kleinen Saal des Bundespressezentrums demonstrativ meistzitierte. Der deutsche Grünen-Chef Cem Özdemir fungierte als örtlicher Gastgeber für den österreichischen Parteifreund Peter Pilz und den Luxemburger Grünen Christian Kmiteck.

Vertrag Telekom mit Geheimdienst

Pilz präsentierte das, was er schon am Tag zuvor in Wien in groben Zügen gesagt hatte: Die deutsche Telekom habe 2004 einen Vertrag mit dem Bundesnachrichtendienst geschlossen, der diesem das weitgehende Abhören des europäischen Datenverkehrs ermöglicht habe.

Pilz: "Wir im österreichischen Parlament sind einigermaßen überrascht, dass der BND auf der anderen Seite steht." Dessen Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom sei mindestens von 2005 bis 2008 erfolgt, wahrscheinlich aber länger.

Die "Große Umschaltaktion"

Als Beweis legte Pilz die schon in Wien präsentierte eMail eines deutschen Telekom-Mitarbeiters an einen BND-Mann vor. Die eMail belege die "große Umschaltaktion" auf Ziele in Österreich und Luxemburg auf Basis von "Zuschaltlisten" der NSA. Auf denen befänden sich jede Menge europäischer Hauptstädte sowie Moskau, Ankara und viele Kapitalen in Fernost bis Australien. Es bestehe der dringende Verdacht, so Pilz, dass all diese Datenleitungen, von denen elf die Telekom Austria betreibt, über den bayerischen Abhörposten des BND an die NSA in Bad Aibling weitergeschaltet wurden. Dass auf den Leitungen der Datenverkehr von 31 Staaten, darunter 25 EU-Mitglieder, belauscht worden sei, dafür gebe es "zwar noch keine Beweise aber den dringenden Verdacht".

Als politische Schlussfolgerungen stellte Pilz neun konkrete Fragen zum Sachverhalt an die deutsche Bundesregierung und eine persönliche Aufforderung an Merkel: "Sie muss mit einer Geste ihr Bedauern über das Ausspähen unter Freunden zum Ausdruck bringen und damit das beschädigte Vertrauen wiederherstellen".

Pilz Anschuldigungen hatten in Deutschland ein großes Medien-Echo, auch der Spiegel oder die Frankfurter Allgemeine berichteten über die Vorwürfe aus Wien.

Allerdings weisen deutsche Sicherheitskreise die Vorwürfe der "Freundes"-Spionage entschieden zurück, das seien "unrichtigen Behauptungen" und falsche Schlüsse, die Pilz da ziehe. Nur weil etwa eine Glasfaserleitung von Wien nach Luxemburg abgehört werde, besage das nichts über den realen Endpunkt der über diesen Netzabschnitt geleiteten Telekommunikationsverbindungen. Spionage mit Hilfe des BND und eines deutschen Telekommunikationsanbieters lasse sich aus den veröffentlichten Dokumententeilen jedenfalls nicht ableiten.

Luxemburg klagt

In Frankreich wird kalmiert. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande sehen durch die NSA/BND-Affäre keine Belastung für die beiderseitigen Beziehungen, erklärten sie am Dienstag. Anders sehen das die Luxemburger: Die Regierung erfuhr aus den Medien, dass der BND im Auftrag der NSA Datenströme von Luxemburg nach Wien ausspioniert haben soll. Das bestätigen Premier Xavier Bettel und Außenminister Jean Asselborn. Die Luxemburger Regierung hat den Fall an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

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