Norwegen: Boykott gegen Breivik-Titelseiten

Norwegen: Boykott gegen Breivik-Titelseiten
Norwegens Medien hätten "ein perverses Bedürfnis", Breiviks Bild zu drucken. Die Bevölkerung will den Attentäter nicht mehr auf Seite 1 sehen.

Den Norwegern reicht es. Sie wollen Anders Breivik nicht mehr sehen. Da er aber fast jeden Tag von den Titelseiten der Boulevardblätter (Tabloids) lacht, greifen immer mehr Menschen zu einem ungewöhnlichen Mittel: Sie drehen die Zeitungen in den Regalen einfach um.

Die Bewegung "Wendet die Tabloids" begann vorige Woche, als VG und Dagbladet das Bild des Attentäters groß auf ihren Titeln brachten. Filialen der Ladenkette "Kiwi" nahmen sie daraufhin aus dem Angebot oder legten sie verkehrt herum auf. "Wir wollen ihn nicht mehr am Arbeitsplatz sehen", hieß es auf Plakaten. "Er soll nicht auch noch exponiert werden." Die boykottierten Medien hätten "ein perverses Bedürfnis", Breiviks Bild zu drucken. Nach Aufrufen auf Facebook und Twitter beteiligen sich inzwischen viele Leser an der Aktion.

Die betroffenen Zeitungen äußerten sich kritisch. Er habe zwar "ein gewisses Verständnis", sagte Dagbladet-Chef Helle. Die Aktion grenze aber an Zensur. "Wir können Breivik doch nicht unter den Tisch kehren." Einzelne ausländische Medien übten Selbstkritik. "In dem Moment, in dem wir diese Geschichte schreiben und Sie sie lesen, werden wir Teil seines kranken Plans", leitete das US-Magazin Time jüngst einen Artikel ein.

"Unfall"

Für Aufregung in Frankreich sorgte am Freitag Marine Le Pen, die Chefin der Rechtsaußen-Partei Front National und deren Präsidentschaftskandidatin 2012. Sie zeigte sich in einem Radio-Interview einverstanden mit umstrittenen Aussagen ihres Vaters, Parteigründer Jean-Marie Le Pen. Dieser hatte Breiviks Anschläge jüngst als "Unfall" bezeichnet und Norwegens Regierung Naivität angesichts der "massenhaften Einwanderung" vorgeworfen. Diese Naivität sei "noch schlimmer" als die Anschläge selbst.

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