Neuer starker Mann – für Jahrzehnte

Schon bisher der starke Mann Saudi-Arabiens, nun Erster in der Thronfolge: Mohammed bin Salman, Verteidigungsminister und Vize-Premier.
König Salman macht Sohn Mohammed, 31 und Modernisierer, zum 1. Kronprinzen und Nachfolger.

Wenn er etwas will, bekommt er es auch. Als Mohammed bin Salman während eines Sommerurlaubs in Frankreich die 135 Meter lange Luxus-Jacht des russischen Wodka-Milliardärs Juri Shefler sah, musste er sie haben. Binnen Stunden war der 500-Millionen-Euro-Deal perfekt, der russische Oligarch verließ noch am selben Tag sein schwimmendes Schlösschen.

Seit Mittwoch ist der erst 31-jährige Spross des saudischen Königshauses auch politisch am Ziel: Sein Vater, König Salman, feuerte den bisherigen ersten Kronprinzen, der dessen Cousin ist, und machte seinen Sohn zum künftigen Herrscher.

Mohammed bin Salman, bisher zweiter Kronprinz, hatte sich bereits nach der Inthronisierung von König Salman in Stellung gebracht. Er gilt als arbeitsam, zielstrebig und ehrgeizig – manchen als zu ehrgeizig.

Schon vor der gestrigen Entscheidung war er der starke Mann Saudi-Arabiens: Er vertrat seinen schon sehr gebrechlichen, 81-jährigen Vater (es gibt Gerüchte einer Demenz-Erkrankung) bei wichtigen Reisen im Ausland, auch beim Antrittsbesuch in Washington bei US-Präsident Donald Trump war der Lieblingssohn dabei. Als Verteidigungsminister, was der Jus-Absolvent bleibt, zudem wird er Vize-Regierungschef, präsentierte er sich als Scharfmacher. Er schmiedete eine Sunniten-Koalition und geht im Jemen gegen die schiitischen Houthi-Rebellen vor – bisher mit mäßigem Erfolg.

"Schlacht im Iran"

Auch gegenüber dem Iran, dem Erzrivalen hinsichtlich der Vormachtstellung in der Region, zeigte sich der künftige Monarch (wohl mit starker Rückendeckung aus dem Weißen Haus) als Hardliner. Teheran warf er vor, die heiligen Stätten seiner Heimat erobern zu wollen. Doch "wir werden nicht warten, bis die Schlacht in Saudi-Arabien tobt, stattdessen werden wir daran arbeiten, dass die Schlacht im Iran stattfindet", sagte "MBS", wie die arabische Presse Mohammed bin Salman gerne nennt.

Neuer starker Mann – für Jahrzehnte
Qatari men herd camels in a desert area on the Qatari side of the Abu Samrah border crossing between Saudi Arabia and Qatar on June 21, 2017. Around 12,000 camels and sheep have become the latest victims of the Gulf diplomatic crisis, being forced to trek back to Qatar from Saudi Arabia, a newspaper reported Tuesday. / AFP PHOTO / KARIM JAAFAR
Katar bekam ebenfalls die Härte des 31-Jährigen zu spüren. Das Land wurde von seinen Nachbarn diplomatisch isoliert – nach den katarischen Bürgern müssen nun sogar 7000 Kamele und 5000 Schafe Saudi-Arabien verlassen. Gemeinsam mit Scheich Mohammed bin Zayed al Nahyan, dem Kronzprinzen von Abu Dhabi und De-facto-Herrscher der Vereinigten Arabischen Emirate, schmiedete "MBS" die Blockade gegen Katar. Vorwurf: Terror-Unterstützung.

Während Mohammed bin Salman außenpolitisch eisenhart Pflöcke einschlägt, steht er innenpolitisch für eine sanfte Öffnung des rigid geführten Landes. Schon bisher war er als Motor der "Vision 2030" verantwortlich dafür, Saudi-Arabien wirtschaftlich zu modernisieren und vor allem unabhängig vom Erdöl zu machen.

Im Zuge dessen hat er bereits alte, ineffektive Regierungsbeamte durch neue, im Westen ausgebildete Technokraten ersetzt. Der Kronprinz will zudem ein breiteres Unterhaltungsangebot für seine Untertanen, wie Comedy-Shows, Wrestling-Events oder Monster-Truck-Rennen. Auch ein Kino soll erstmals aufsperren. Trotz einer drastischen Erhöhung der Preise für Wasser, Sprit und Strom – im Zuge des ökonomischen Umbaus – kommt das bei der breiten Masse gut an. "Er spricht die Sprache der Jugend", sagt Hoda al-Helaissi vom Shura-Rat, dessen Mitglieder vom König ernannt werden, "das Land hat zu lange durch die Linsen der älteren Generation geschaut, jetzt müssen wir schauen, wer die Fackel zur nächsten Generation trägt."

Gratwanderung

Spannend wird, wie die ultra-konservative wahhabitische Geistlichkeit auf die Reformen des "Neuen" reagieren wird. Bisher hat "MBS" deren Nähe gemieden und sich lieber mit jungen Klerikern umgeben, die Millionen Follower in den sozialen Medien haben. Hier steht Mohammed bin Salman eine Gratwanderung bevor, denn die Repräsentanten der radikalen Ausprägung des Islam waren immer eine der wichtigen Stützen des Königshauses. Gelingt dem "jungen Wilden" der Spagat zwischen Moderne und Tradition, wird er Saudi-Arabien über Jahrzehnte prägen.

StaatsgründungAbd al-Aziz ibn Saud (1876–1953), im Bild oben, gelang es, das Joch des Osmanischen Reiches (und deren Verbündeter) abzustreifen. Er befreite die Halbinsel. Er unterwarf einige Stämme und gründete 1932 Saudi-Arabien. Durch Heiraten mit Töchtern mehrerer Stämme sowie einen Pakt mit der wahhabitischen Geistlichkeit festigte er seine Herrschaft. Der jetzige König Salman ist ein Sohn ibn Sauds.


Erdöl In den 1930er-Jahren wurde in Saudi-Arabien mit der Erdöl-Förderung begonnen. Die Einnahmen daraus katapultierten das Land binnen Jahrzehnten gleichsam aus der Steinzeit (Fischer, Wüsten-Nomaden) in die Hightech-Moderne mit jedem nur erdenklichen Luxus. Saudi-Arabien ist der größte Erdölexporteur der Welt und verfügt nach Venezuela weltweit über die zweitgrößten Erdölreserven.

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