Neuer Massenansturm auf spanische Exklave Ceuta

Mehr als 300 Menschen erklommen sechs Meter hohen doppelten Grenzzaun. Es gab mehrere Verletzte.

Bei einem neuen Ansturm von Migranten auf die spanische Exklave Ceuta in Marokko sind in der Nacht zum Montag etwa 350 Menschen auf spanisches Gebiet gelangt.

Es gelang ihnen, den sechs Meter hohen doppelten Grenzzaun zu erklimmen. Elf Menschen seien dabei verletzt worden, einige seien mit Knochenbrüchen in ein Krankenhaus gebracht worden, teilte das Rote Kreuz auf Twitter mit.

Erst am Freitag hatten etwa 1.000 Migranten versucht, über den Zaun zu klettern. 500 von ihnen schafften es dem Roten Kreuz zufolge, Spanien zu erreichen. Sie stammen überwiegend aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Die Präfektur von Ceuta erklärte, 700 Menschen hätten versucht, in die spanische Stadt zu gelangen, knapp 500 Menschen sei es gelungen. Einige der Schutzsuchenden sowie elf Mitglieder der Guardia civil, der spanischen Militärpolizei, wurden verletzt.

Auf Fernsehbildern örtlicher Medien waren dutzende Migranten zu sehen, die freudig durch die Straßen von Ceuta liefen. "Ich liebe dich, Mamma! Viva Espana!", rief ein junger Afrikaner mit nacktem Oberkörper, eine blaue EU-Fahne um die Schultern geschlungen. "Libertad, Libertad!" (Freiheit), schrie ein anderer. Die Rettungskräfte erklärten, das spanische Rote Kreuz betreue in Ceuta rund 400 Menschen.

110 Festnahmen

Die marokkanischen Behörden teilten mit, 250 Migranten hätten versucht, nach Ceuta zu gelangen. Davon seien 110 festgenommen worden. Außerdem gebe es zehn Verletzte bei den Sicherheitskräften und 20 bei den Flüchtlingen.

Neuer Massenansturm auf spanische Exklave Ceuta
Migranten bei dem Sturm auf Ceuta
Einwanderer aus Afrika versuchen immer wieder, mit dem Vordringen auf die spanischen Exklave EU-Boden zu erreichen. Spanien verfügt in Nordafrika über zwei Exklaven, die beide von Marokko beansprucht werden: Ceuta an der Meerenge von Gibraltar und das 250 Kilometer weiter östlich gelegene Melilla. In der Nähe der Gebiete harren Zehntausende notleidende Afrikaner sowie mittlerweile auch Syrer aus, die auf eine Chance hoffen, in die EU zu gelangen. Die beiden spanischen Exklaven sind die einzigen Landgrenzen, die Europa mit Afrika hat.

Die Grenzanlage in Ceuta besteht aus zwei acht Kilometer langen und sechs Meter hohen Zäunen. Dazwischen erschwert ein Netz aus Stahlkabeln das Vorankommen. Dutzende Infrarotkameras überwachen die Anlage. Beim Versuch, das Bollwerk zu überwinden, riskieren Flüchtlinge immer wieder ihr Leben und ziehen sich Verletzungen zu.

Neuer Massenansturm auf spanische Exklave Ceuta
Migrants sit on the ground in El Tarajal, Ceuta, close to the boarder with Morocco on December 9, 2016 after being rounded up by police to be attended to by Red Cross personnel and taken to the Center for Temporary Stay of Immigrants (CETI) after nearly 400 migrants forced their way through a fence between Morocco and the tiny Spanish enclave of Ceuta, slightly injuring two police officers, authorities said. / AFP PHOTO / Antonio SEMPERE
Anfang Dezember war es 400 Migranten gelungen, auf das Gebiet von Ceuta vorzudringen. Am Neujahrstag versuchten erneut mehr als tausend Menschen, über den Absperrzaun zu gelangen, sie wurden aber von den Sicherheitskräften zurückgedrängt. Menschenrechtsorganisationen fordern regelmäßig von der UNO und der EU, Druck auf Spanien auszuüben, damit Flüchtlinge einen Asylantrag stellen können.

Im vergangenen Jahr haben nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bis Ende September mehr als 10.000 Menschen Spanien von Marokko aus erreicht. Dennoch entwickelt sich Marokko in den vergangenen Jahren von einem Transitland hin zu einem Ort, an dem immer mehr Flüchtlinge auch längerfristig bleiben. Im Dezember 2016 startete das Königreich erneut eine Kampagne, die es illegalen Flüchtlingen ermöglichen soll, ihren Status legalisieren zu lassen.

Neuer Massenansturm auf spanische Exklave Ceuta
African migrants sit on top of a border fence during an attempt to cross into Spanish territories, between Morocco and Spain's north African enclave of Ceuta, December 9, 2016. REUTERS/M. MartinFOR EDITORIAL USE ONLY. NO RESALES. NO ARCHIVES
UNGARN:

Der jüngste Sperrzaun geht auf eine Initiative der rechtsgerichteten ungarischen Regierung von Viktor Orban zurück. Im Juli wurde mit dem Bau des 177 Kilometer langen Zauns an der Grenze zu Serbien begonnen, nachdem in Ungarn in diesem Jahr ein Rekord von bisher 80.000 Asylanträgen registriert wurde.

WESTSAHARA:

In dem von Marokko besetzten Gebiet trennt eine 2.700 Kilometer lange Mauer aus Sand seit den 80er-Jahren das marokkanische Gebiet von Regionen, die von Rebellen der Front Polisario kontrolliert werden.

SAUDI-ARABIEN:

Nach dem Vormarsch der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat Saudi-Arabien damit begonnen, eine bereits existierende Sandmauer von sieben Metern Höhe an der Grenze zum Irak mit einem 900 Kilometer langen Zaun zu verstärken. Hinzu kommen 78 Wachtürme, acht Kommandozentren, zehn Überwachungsfahrzeuge, 32 schnelle Eingreifzentren sowie drei schnelle Eingreiftruppen.

ISRAEL:

Das Land begann im Jahr 2002 mit dem Bau einer Grenzanlage entlang des besetzten Westjordanlandes. Damit sollten nach Regierungsangaben Anschläge radikaler Palästinenser verhindert werden. Kritiker sagen jedoch, damit würde Land konfisziert und eine De-facto-Grenze entgegen internationalem Recht gezogen.

USA:

Ex-Präsident Bill Clinton förderte in den 90er-Jahren die Verstärkung der Grenze zu Mexiko. Die Sorge vor einem Eindringen von Mitgliedern des Terrornetzwerks Al-Kaida oder des IS über die durchlässige Grenze in die USA hat zum Bau weiterer und widerstandsfähigerer Sperranlagen geführt. Zugleich ist das Thema Einwanderung eines der zentralen Themen im US-Präsidentschaftswahlkampf.

GRIECHENLAND:

Die verbesserten Beziehungen zur Türkei und die Beseitigung von Minen im Grenzgebiet haben Griechenland zu einem der größten Einfallstore für Flüchtlinge nach Europa gemacht. Im Jahr 2012 baute das Land den Evros-Zaun entlang der Grenze zur Türkei.

NORDIRLAND:

Belfast hat 99 sogenannte Friedenslinien, die protestantische und katholische Gemeinden voneinander trennen sollen. Die älteste dieser Linien stammt aus dem Jahr 1969. Trotz der Unterzeichnung eines Friedensvertrags im Jahr 1998 wurden die Sperranlagen seither ausgeweitet.

SPANIEN:

Die in Nordafrika gelegenen spanischen Exklaven Ceuta und Melilla sind von Hightech-Zäunen umgeben. Viele Flüchtlinge sind bereits beim Versuch, diese zu überwinden, ums Leben gekommen. Einige wurden von marokkanischen Sicherheitskräften erschossen.

INDIEN:

Seit 1993 hat Indien schrittweise einen Stacheldrahtzaun um Bangladesch herum errichtet, um die Einwanderung zu reduzieren. Dies hat zu Streitigkeiten über den genauen Grenzverlauf geführt. Zudem befinden sich seither bis zu 100.000 Menschen in einem Niemandsland ohne öffentliche Versorgung.

ZYPERN:

Eine Sperranlage trennt nach wie vor die Insel und ihre Hauptstadt Nikosia in einen griechischen und einen türkischen Teil. Die Trennung geht zurück auf die türkische Invasion im Jahr 1974.

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