Israel soll US-Außenminister Kerry abgehört haben

Kerry habe nicht nur verschlüsselte Leitungen benutzt, sondern auch normale Telefone.
Die israelische Regierung habe die Infos auch genutzt, heißt es. Außerdem wieder Tote bei Angriff auf UN-Schule.

US-Außenminister John Kerry ist nach einem Medienbericht während der Friedensgespräche im Nahen Osten vom israelischen Geheimdienst abgehört worden. Zudem habe mindestens ein weiterer Dienst mitgehört, berichtete das Nachrichtenmagazin Der Spiegel unter Berufung auf mehrere Quellen aus Geheimdienstkreisen.

Um welchen Dienst es sich dabei handelt, geht aus dem Bericht nicht hervor. Die von Kerry vermittelten Gespräche zwischen Israel und den Palästinensern waren im April nach neun Monaten gescheitert.

Kerry habe für seinen Austausch mit hochrangigen Gesprächspartnern nicht nur verschlüsselte Leitungen benutzt, sondern auch normale Telefone, deren Signale unverschlüsselt über Satellit übertragen würden, hieß es in dem Bericht. Dabei sei mitgehört worden. Die Regierung in Jerusalem habe die daraus gewonnenen Informationen in den Verhandlungen über eine diplomatische Lösung des Nahost-Konflikts auch genutzt.

Laut Spiegel wollten sich weder das US-Außenministerium noch israelische Behörden zu der Abhöraktion äußern.

Wieder Tote bei Angriff auf UN-Schule

Bei einem erneuten Angriff auf eine UN-Schule im Gazastreifen sind unterdessen am Sonntag laut palästinensischen Rettungskräften mindestens zehn Menschen getötet worden. Zuvor war von sieben Toten die Rede gewesen. Bei dem Angriff habe es zudem 30 Verletzte gegeben. Eine israelische Armeesprecherin sagte, man prüfe den Vorfall.

Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) erklärte, ersten Berichten zufolge seien Geschoße nahe des Schulgebäudes in der Grenzstadt Rafah, in dem 3.000 palästinensische Flüchtlinge Schutz gesucht hätten, eingeschlagen. Bei dem Bombardement habe es offenbar "zahlreiche Tote und Verletzte" gegeben.

Nach UNRWA-Angaben haben in dem dicht besiedelten Küstengebiet rund 220.000 Menschen Zuflucht in UN-Schulen gefunden. Dennoch gab es bereits wiederholt Angriffe auf die Einrichtungen. So wurden bei zwei früheren Angriffen auf UN-Schulen in Beit Hanoun und Jabalia am 24. und 31. Juli rund 30 Palästinenser getötet. Die Attacken sorgten international für scharfe Kritik am Vorgehen Israels.

Ban: "Krimineller Akt"

Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay warf den Streitkräften daraufhin angesichts wiederholter Angriffe auf Wohnhäuser, Schulen, Kliniken und UN-Einrichtungen die "vorsätzliche Missachtung" des internationalen Rechts vor. Israel beschuldigte seinerseits die palästinensische Hamas-Bewegung, in oder nahe den Schulen Waffen und Abschussrampen für Raketen zu verstecken.

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hat den Beschuss einer UNO-Schule im Gazastreifen durch die israelische Armee als "weitere schockierende Verletzung des Völkerrechts" kritisiert. "Es ist eine moralische Schandtat und ein krimineller Akt", sagte Ban am Sonntag in New York.

Vermisster Soldat ist tot

Außerdem ist bekannt geworden, dass der seit Freitag im Gazastreifen vermisste israelische Soldat tot ist. Das teilte das israelische Militär in der Nacht auf Sonntag mit. Die Armee war zuvor von einer Entführung durch radikale Palästinenser ausgegangen. Der 23-jährige israelische Leutnant Hadar Goldin wurde nach Militärangaben am Freitag beim Kampf im Gazastreifen getötet. Die Familie des Soldaten sei unterrichtet worden.

Israelische Medien hatten am Samstagabend beobachtet, wie sich Verteidigungsminister Moshe Jaalon und der Chefrabbiner der Armee zum Haus von Goldins Eltern begeben hatten. Sie werteten dies als Zeichen für eine baldige Bekanntmachung. Vor dem Haus der Eltern im zentralen Kfar Saba hatten sich außerdem hunderte Menschen eingefunden, darunter auch die Eltern der drei jüdischen Religionsschüler, die im Juni im Westjordanland entführt und ermordet worden waren.

Israel hatte zuvor mit einem massiven Armeeeinsatz nach dem Soldaten Goldin gesucht. Ganze Truppenformationen durchkämmten im südlichen Gazastreifen Häuser und verdächtige Orte, unterstützt von massivem Artilleriefeuer. Die Militärangriffe auf den Gazastreifen wurden verstärkt. Dabei wurden in der Folge mehr als hundert Palästinenser getötet. Die meisten dieser Ziele lagen in der südlichen Stadt Rafah und ihrem Umland.

Nach Angaben des israelischen Militärs arbeitete die Einheit des Vermissten an der Zerstörung eines sogenannten "Terror-Tunnels", als militante Palästinenser sie angriffen. Der unterirdische Gang reichte zwei Kilometer tief in israelisches Gebiet hinein. Die palästinensischen Kämpfer seien aus dem Tunnel heraus aufgetaucht und hätten den israelischen Trupp angegriffen, berichtete die Jerusalem Post. Demnach zündete einer von ihnen eine Sprengstoffweste, wie sie Selbstmordattentäter verwenden.

Truppenrückzug

Die israelische Armee begann am Sonntag laut eigenen Angaben mit dem Rückzug von Bodentruppen aus dem Gazastreifen begonnen. Zudem würden andere Truppenteile innerhalb des palästinensischen Küstengebiets verlegt, sagte Armeesprecher Peter Lerner und bestätigte damit erstmals offiziell die Einleitung eines teilweisen Abzugs der Bodentruppen.

"Wir ziehen Truppenteile zurück, andere verändern ihre Position innerhalb des Gebiets, diese Operationen dauern derzeit an", erläuterte Oberstleutnant Lerner. Am Vorabend hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu angekündigt, die Offensive werde auch nach der Zerstörung des Tunnelsystems der radikal-islamischen Hamas weitergehen. Sollte die Hamas ihre Angriffe auf Israel fortsetzen, werde sie einen furchtbaren Preis zahlen.

Tausende protestierten vor Weißem Haus gegen Israels Militäreinsatz

Mehrere tausend Menschen haben am Samstag vor dem Weißen Haus in Washington gegen den israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen protestiert. Viele Demonstranten schwenkten palästinensische Flaggen und forderten ein Ende der Offensive in dem Küstengebiet im Nahen Osten. Auf Schildern war etwa "Schluss mit den US-Hilfen für den jüdischen Staat" und "Israel sanktionieren - ein Terrorstaat" zu lesen. Auf einem Spruchband wurde Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu mit Hitler verglichen.

Die Menge hielt sich vor allem im Lafayette Park gegenüber der Präsidentenresidenz auf. Unter den Demonstranten, die aus dem ganzen Land angereist kamen, waren auch viele Kinder. Nach Angaben der Organisatoren protestierten rund 50.000 Menschen vor dem Weißen Haus, die Polizei gab zunächst keine Schätzung ab.

In der Nähe demonstrierte am Samstag auch eine kleine Gruppe orthodoxer Juden, die von der Polizei geschützt wurden. Abgesehen von Beleidigungen, die sich Demonstranten beider Seiten an den Kopf warfen, kam es aber nicht zu Zwischenfällen bei den Protesten.

Kommentare