Israel setzte Hamas mit IS-Terroristen gleich

Angriffe im Gazastreifen nehmen weiter zu. Auch die Raketenfeuer auf Israel werden wieder stärker
Netanyahu empörte mit einem Foto von Foley auf Twitter. Hamas tötete indes 18 angebliche Israel-Kollaborateure.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat die Palästinenserorganisation Hamas mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gleichgesetzt und dabei wegen der Verwendung eines Fotos des US-Journalisten James Foley für Empörung gesorgt.

Das Foto, das am Donnerstag in Netanyahus Twitter-Account gezeigt wurde, zeigt Foley kurz vor seiner Ermordung durch IS-Extremisten. Es wurde später zurückgezogen und durch die Flagge der Islamistenmiliz ersetzt. Unter dem Foto Foleys waren militante Palästinenser in Gaza zu sehen, die angebliche Kollaborateure schänden.

Empörung wegen Tweet

Ein israelischer Regierungsbeamter sagte der Nachrichtenagentur dpa am Freitag, man habe die Gemeinsamkeiten von IS und Hamas aufzeigen wollen. "Aber als wir die Brisanz des Fotos verstanden haben, haben wir ein anderes genommen." Viele Medien hatten sich entschlossen, Fotos und Videos der Exekution Foleys nicht zu zeigen.

Mehrere Journalisten hatten empört auf den Tweet reagiert. "Ist Netanyahu verrückt geworden, dass er James Foleys Tod benutzt, um Propagandapunkte zu sammeln?", schrieb Janine di Giovanni, eine US-amerikanische Kriegsreporterin, auf Twitter. Auch Paul Danahar, ehemaliger Nahostchef der BBC, nannte das Foto "geschmacklos".

Umfrage: Interreligiöse Ehe wird abgelehnt

Eine große Mehrheit der israelischen Bevölkerung ist gegen eine Ehe mit einem Partner, der nicht der eigenen Religion angehört. Die Zeitung Haaretz veröffentlichte am Freitag eine Studie, der zufolge 75 Prozent der befragten Juden nur einen jüdischen Partner heiraten würden. Unter den arabischen Teilnehmern sprachen sich 65 Prozent gegen eine Ehe außerhalb der eigenen Religionszugehörigkeit aus.

Nur ein Fünftel der jüdischen und ein Drittel der arabischen Befragten gaben an, bei der Auswahl eines Ehepartners nicht auf die Religionszugehörigkeit zu achten. Die Umfrage erfolgte wie in Israel üblich bei rund 500 Personen.

Am vergangenen Sonntag hatten rund 200 rechtsgerichtete Israelis gegen die Hochzeit eines jüdisch-muslimischen Paares in Rishon Lezion demonstriert. In Israel war daraufhin eine Debatte über interreligiöse Ehen entbrannt.

Hamas tötete 18 angebliche Israel-Kollaborateure

Die radikalislamische Hamas hat bei öffentlichen Hinrichtungen 18 Menschen wegen angeblicher Kollaboration mit Israel erschossen. Es waren die ersten derartigen Exekutionen in der Region seit den 1990er Jahren. Mit den Exekutionen sandte die Hamas nun ein Signal der Abschreckung in die eigenen Reihen. Sieben angebliche Kollaborateure wurden in Gaza vor den Augen von Moscheegängern erschossen, die das Gebäude verließen. Die Schützen trugen Masken und waren in Schwarz gekleidet. Die Gesichter der Getöteten waren bedeckt und ihre Hände gefesselt.

An der Wand neben den Leichen hing ein Zettel, der als "Urteil" des "Palästinensischen Widerstandes" ausgewiesen wurde. Darin hieß es über die Getöteten: "Sie belieferten den Feind mit Informationen über die Aufenthaltsorte von Kämpfern, Widerstandstunneln, Bomben, Häusern von Kämpfern und Orte von Raketen, und die Besatzer bombardierten diese Gegenden und töteten eine Reihe von Kämpfern." Zuvor waren nach Angaben von Hamas-Vertretern vor einer ehemaligen Polizeiwache bei Gaza elf weitere Menschen erschossen worden, die ebenfalls mit Israel zusammengearbeitet haben sollen. Das Palästinensische Zentrum für Menschenrechte verurteilte die Erschießungen als Exekutionen ohne Prozess und forderte die Behörden zum Eingreifen auf.

Nach der Tötung dreier Hamas-Kommandanten durch die israelische Armee drohen Israel und die Palästinenser einander mit neuer Gewalt. Hamas-Chef Ismail Haniyeh kündigte an, Israel werde für "seine Verbrechen einen hohen Preis zahlen". Die Ezzedin-al-Qassam-Brigaden, der bewaffnete Arm der Hamas, seien nun stärker, als der Feind es sich vorstelle, sagte Haniyeh in der Nacht zum Freitag.

Militante Palästinenser töteten elf Männer, die mit Israel zusammengearbeitet haben sollen, wie die palästinensische Nachrichtenagentur Maan am Freitag berichtete. Bereits am Vortag hatte die radikal-islamische Hamas drei mutmaßliche Kollaborateure im Gazastreifen getötet.

Eine Sprecherin der israelischen Armee sagte am Freitag, Israel werde den Gazastreifen "entsprechend der Notwendigkeit" weiter angreifen. Die drei Militärchefs Mohammed Abu Shimala, Raed al-Attar und Mohammed Barhum waren Donnerstagfrüh bei einem Angriff in Rafah getötet worden. Seitdem seien mehr als 130 Raketen auf Israel abgefeuert worden, sagte eine Militärsprecherin am Freitagvormittag. Israel habe in derselben Zeit rund 50 Luftangriffe auf Ziele im Gazastreifen geflogen, zehn davon in der Nacht zum Freitag.

Dabei seien am Freitag in der Früh vier Menschen getötet worden, berichtete die Nachrichtenagentur Maan. Unter den Toten sei auch ein 14-jähriger Bub. Am Donnerstag seien bei israelischen Luftangriffen 34 Menschen gestorben, sagte Ashraf al-Kidra, Sprecher des palästinensischen Gesundheitsministeriums in Gaza.

10.000 Reservisten eingezogen

Als "Warnsignal" an Hamas hatte Israel am Donnerstag 10.000 Reservisten eingezogen. Medienberichten zufolge ist die israelische Armee in erhöhter Alarmbereitschaft. Man befürchte Vergeltungsmaßnahmen der Hamas für die Angriffe auf ihre Kommandanten. Arye Shalicar, Sprecher der israelischen Armee, sagte, Israel sei "immer auf den Extremfall vorbereitet". Eine erhöhe Spannung wollte er jedoch nicht bestätigen.

Beratungen über UNO-Beobachtermission

Deutschland, Frankreich und Großbritannien setzen sich für eine UNO-Beobachtermission im Gazastreifen ein. Der Entwurf einer entsprechenden Resolution liege dem UNO-Sicherheitsrat vor, sagte ein UNO-Diplomat am Donnerstag. Die Resolution soll eine Öffnung der Grenzen zum Gazastreifen beinhalten, aber auch Sicherheitsgarantien für Israel enthalten. Die EU will sich demnach stärker in Gaza engagieren. Eine militärische Mission ist allerdings nicht vorgesehen; Blauhelm-Soldaten würden nicht stationiert.

Auch die USA sollen sich nach Medienberichten der Initiative angeschlossen haben. Versuche, eine dauerhafte Waffenruhe durch ägyptische Vermittlung zu erreichen, waren bisher gescheitert. Beobachtern zufolge ist Israel durchaus aufgeschlossen gegenüber der Resolution. Parallel gibt es einen Entwurf von Jordanien, der eine starke palästinensische Handschrift trägt. Unklar ist noch, ob beide Resolutionen bestehen bleiben und wann über sie abgestimmt werden könnte.

Mehr als 2000 Tote

Die israelische Armee greift vermehrt Anführer der radikal-islamischen Hamas an. Neben den drei Militärchefs wurde am Donnerstagabend auch ein ranghohes Mitglied des Islamischen Jihad von einer Rakete getroffen. Der Mann sei in einem Gebäude getroffen worden, aus dem zuvor Raketen auf Israel abgefeuert worden seien, teilte das Militär mit.

Die Gesamtzahl der Toten seit Beginn der israelischen Militäroffensive am 8. Juli stieg nach palästinensischen Angaben auf mehr als 2.080. Über 10.000 Menschen seien verletzt worden. Auf israelischer Seite kamen 64 Soldaten und 3 Zivilisten ums Leben, Hunderte wurden verletzt.

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