Feuerpause im Gaza-Krieg beendet - neue Angriffe

Fast 17.000 Häuser wurden im Gazakrieg zerstört oder schwer beschädigt – Wiederaufbau gibt es erst bei einer dauerhaften Waffenruhe.
Die Hoffnungen auf eine dauerhafte Waffenruhe sind geplatzt. Hamas droht mit Angriffen auf Flughafen Tel Aviv.

Nach dem Ende einer mehrtägigen Waffenruhe haben sich Israel und die radikalislamische Hamas wieder Gefechte geliefert. Der palästinensische Chefunterhändler erklärte die Gespräche über eine dauerhafte Waffenruhe in Kairo für gescheitert, die israelische Delegation war bereits zuvor aus Ägypten abgereist. Hamas drohte für Mittwoch mit Angriffen auf den Flughafen von Tel Aviv.

Nachdem schon Stunden vor Ablauf der befristeten Feuerpause in der Nacht zum Mittwoch Raketen in Israel eingeschlagen waren, flog auch Israels Luftwaffe wieder Angriffe im Gazastreifen. Dabei wurden nach Angaben der Hamas auch die Frau und eine kleine Tochter ihres Militärchefs Mohammed Deif getötet. Deif ist seit 2002 Kommandant des bewaffneten Arms der Hamas, der Ezzedin-al-Qassam-Brigaden und gilt in Israel mittlerweile als Staatsfeind Nummer eins. Er hat bereits mindestens fünf israelische Attentatsversuche überlebt.

Bei einem Luftangriff in Deir al-Balah im Süden des Gazastreifens am frühen Mittwochmorgen wurden nach Angaben der Rettungsdienste sechs Menschen getötet: eine schwangere Frau, drei Kinder und zwei Männer, die alle derselben Familie angehörten. Nach israelischen Armeeangaben wurden insgesamt "mehr als 25 Ziele" in dem Küstengebiet bombardiert.

Raketen in Tel Aviv

Am Dienstagnachmittag waren Raketen in Tel Aviv und in der südisraelischen Stadt Beersheba eingeschlagen. Die Hamas bekannte sich zu den Angriffen und sprach von 34 abgefeuerten Geschossen, die israelische Armee von rund 50. Der bewaffnete Arm der Hamas, die Ezzedin-al-Qassam-Brigaden, erklärten, am Abend sei auch eine Rakete auf Jerusalem abgefeuert worden. Kurz zuvor war in der israelischen Hauptstadt Luftalarm ausgelöst worden. Nach Polizeiangaben schlug offenbar aber nur ein Geschoß außerhalb des Stadtgebiets im Westjordanland ein.

Bereits am Dienstagnachmittag hatte Israel wegen der Raketenangriffe auch seine Delegation von den Gesprächen über eine dauerhafte Waffenruhe in Kairo abgezogen. Mit dem Raketenbeschuss hätten die Palästinenser nicht nur die Waffenruhe gebrochen, sondern auch die Grundlage für die Verhandlungen "zerstört", sagte der Sprecher von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu (Bild), Mark Regev.

Auch die palästinensische Delegation wollte die ägyptische Hauptstadt am Mittwoch verlassen, wie Chefunterhändler Azzam al-Ahmed sagte. Er machte Israel für das Scheitern der mehrfach verlängerten Feuerpause verantwortlich: "Israel hat das Treffen vereitelt, das Frieden bringen hätte können... Es war Israels Entscheidung die Gespräche scheitern zu lassen."

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon zeigte sich vom Bruch der Waffenruhe am Dienstag schwer enttäuscht. Er erinnerte nach Angaben der Vereinten Nationen vom Dienstag in New York beide Seiten an ihre Verantwortung, die Lage nicht eskalieren zu lassen. Ban rief Israel und die Palästinenser auf, sich umgehend auf eine dauerhafte Feuerpause zu verständigen.

Die Hamas drohte unterdessen mit Raketenangriffen auf den Ben-Gurion Flughafen in Tel Aviv, "um auf die israelische Aggression zu antworten". Internationalen Fluglinien riet die Organisation, den Airport nicht anzusteuern. Bereits Mitte Juli hatten militante Palästinenser mehrmals Raketen auf den Flughafen in Tel Aviv abgefeuert. Mehrere internationale Fluglinien - darunter auch die Austrian Airlines - stellten daraufhin ihre Flüge in nach Tel Aviv vorübergehend ein.

Fast 17.000 zerstörte oder schwer beschädigte Häuser, ganze Stadtteile und Ortschaften in Trümmern, das einzige Kraftwerk zerschossen, die Strom- und Wasserversorgung in weiten Gebieten zerstört – die Schadenssumme nach dem mehr als fünfwöchigen Krieg zwischen radikalen Palästinensern und Israel im Gazastreifen wird auf mehrere Milliarden Euro geschätzt. Und der Wiederaufbau – laut Schätzungen der UNO das Dreifache von dem, was beim letzten Konflikt 2009 nötig war – ist für die Bewohner des Küstenstreifens die drängendste Frage.

Sie ist auch zentraler Bestandteil der Verhandlungen zwischen Palästinensern und Israelis über eine dauerhafte Waffenruhe: Die angestrebte Öffnung der Grenzübergänge dient vor allem auch der Herbeischaffung von dringend benötigten Baumaterialien.

Sobald sich Israel und die Palästinenser tatsächlich auf eine dauerhafte Waffenruhe geeinigt haben sollten, ist in Ägyptens Hauptstadt Kairo, wo jetzt schon die Verhandlungen stattfinden, eine Geberkonferenz für den Wiederaufbau des Gazastreifens geplant. Das teilte zu Wochenbeginn Norwegens Außenminister Börge Brende mit, dessen Land das Komitee zur Koordinierung der internationalen Hilfe für die Palästinenser leitet. Demnach sollen die auf dieser Konferenz zusammengetragenen Hilfsmittel direkt an den Präsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, fließen. Vermutlich auch, weil man der Hamas nicht traut.

Kommentare