Israel entschuldigt sich bei Türken
Der Druck muss enorm gewesen sein. Nur knapp nachdem US-Präsident Barack Obama Israel verlassen hatte, trat Premier Benjamin Netanyahu am Freitag den Canossa-Gang an: Er entschuldigte sich für den Angriff der Streitkräfte auf ein Schiff der so genannten Gaza-Flotille, die Hilfsgüter in den besetzten Küstenstreifen bringen wollte. Dabei wurden 2010 neun türkische Staatsbürger getötet. Der türkische Premier Erdogan hatte stets eine Entschuldigung verlangt – und erhielt neben dieser nun sogar die Zusage, dass auch die Angehörigen der Opfer eine Entschädigung erhalten sollen.
Erdogan im Hoch
Damit fuhr Erdogan nach der Waffenstillstands-Erklärung von Abdullah Öcalan, dem inhaftierten Chef der Separatisten-Organisation PKK, innerhalb von zwei Tagen den zweiten Triumph ein. Der türkische Premier nahm die Entschuldigung an, womit sich das bilaterale Verhältnis wieder entspannen könnte.
Nachdem Obama ohne Plan zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes angereist war, hatte er aber offenbar einen für den israelisch-türkischen. Washington braucht Ankara vor allem in der Syrien-Krise – und auch im Atomstreit mit dem Iran.
In letzterem Fall droht Israel Teheran mit einem militärischen Eingreifen. Mit der Wiederannäherung des US-NATO-Partners Türkei und Israel als stärksten US-Verbündeten in Nahost könnte der Iran in die Zange genommen werden, um doch noch von seinem umstrittenen Atomprogramm zu lassen.
„Das Herz brechen“
Am Freitag hat indes Obama seine Reise nach Israel und in die Palästinensergebiete beendet. Er besuchte zunächst die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem („Auch wenn man 1000 Mal hierherkommt, wird es einem immer wieder das Herz brechen“), bevor er die Geburtskirche Jesu in Bethlehem im Westjordanland aufsuchte. Aufgrund eines Sandsturms war er statt mit dem Hubschrauber mit dem Auto unterwegs und kam auch an der Mauer vorbei, die Israel vom Westjordanland trennt und vom Internationalen Gerichtshof und der UN-Vollversammlung für illegal erklärt wird.
In Bethlehem wurde Obama von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas empfangen. Am Nachmittag flog er nach Jordanien weiter. Bei den dortigen Gesprächen geht es vorwiegend um den Syrien-Konflikt.
Jordanien hat neben der Türkei und dem Libanon die meisten syrische Flüchtlinge aufgenommen. Zudem ist es das einzige arabische Land neben Ägypten, das einen Friedensvertrag mit Israel geschlossen hat. Außerdem ist die jordanische Bevölkerung zu mehr als 50 Prozent palästinensisch.
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