Wahl des neuen Talibanchefs hat begonnen

Mullah Akhtar Mansour ist tot
Nach dem Tod von Mullah Akhtar Mansour stehen sechs Kandidaten zur Wahl.

Nach der Tötung ihres Anführers Mullah Akhtar Mansour durch eine US-Kampfdrohne wählen die radikalislamischen Taliban einen neuen Anführer. Mindestens 14 Kommandeure und Religionsführer diskutierten schon seit Sonntag über Kandidaten, hieß es am Dienstag aus pakistanischen Sicherheitskreisen. Die Beratungen fänden im Südwesten des Landes in der Provinz Baluchistan statt.

Wahl des neuen Talibanchefs hat begonnen
This photograph taken on May 21, 2016 shows Pakistani local residents gathering around a destroyed vehicle hit by a drone strike in which Afghan Taliban Chief Mullah Akhtar Mansour was believed to be travelling in the remote town of Ahmad Wal in Balochistan, around 160 kilometres west of Quetta. Afghan authorities scrambled May 22 to confirm the fate of Taliban leader Mullah Akhtar Mansour after US officials said he was likely killed in drone strikes -- a potential blow to the resurgent militant movement. / AFP PHOTO / -

Zweite Wahl innerhalb eines Jahres

In die engere Wahl fielen demnach zurzeit sechs Männer, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur: Mansours Stellvertreter für Militärisches, Jalaluddin Hakkani, der Sohn des langjährigen verstorbenen Talibanchefs Mullah Omar, Jakub, sowie Mullah Omars jüngerer Bruder Abdul Manan Akhund, außerdem der Kommandant und ehemalige Guantanamo-Bay-Insasse Abdul Kayum Sakir, der Mansour-Stellvertreter und Religionsgelehrte Haibatullah Akhundzada sowie der ehemalige Bildungs- und Informationsminister der Taliban, Mullah Amir Khan Mottaki.

Es ist das zweite Mal innerhalb eines Jahres, dass die Taliban einen neuen Anführer wählen müssen. Ende Juli 2015 hatte der am Samstag getötete Mansour offiziell vom bereits zwei Jahre zuvor verstorbenen Mullah Omar übernommen. Danach waren blutige interne Machtkämpfe ausgebrochen. Laut einer in der pakistanischen "Express Tribune" zitierten Talibanquelle sollen "die Fehler vom letzten Mal" diesmal vermieden werden.

Kämpfer, Gelehrter, Terrorist - Wer wird der neue Talibanchef?

  • 1. Jalaluddin Haqqani: Mullah Mansours Stellvertreter für Militärisches. Die USA haben ein Kopfgeld von umgerechnet 4,45 Millionen Euro auf ihn ausgesetzt. Für ihn spricht, dass er als kompetent gilt und einige der öffentlichkeitswirksamsten (weil grausamsten) Anschläge der Taliban in Szene gesetzt hat. "Er hat auch dazu beigetragen, die zersplitterten Taliban mehr zu einen", sagt der Sprecher der Nato-Mission Resolute Support, Charlie Cleveland. Gegen ihn spricht, das er nicht aus dem Süden - dem Kernland der Talibanelite - kommt, sondern aus dem Osten. Eine weitere Überlegung gegen ihn könnte sein, dass die USA sehr auf seine Tötung drängen und möglicherweise, wie bei Mansour, wieder selber die Initiative ergreifen. Haqqani würden von Beginn zur Zielscheibe, und die Bewegung könnte in kurzer Zeit ihren dritten Anführer verlieren.
  • 2. Mullah Amir Khan Mottaki: Während der Herrschaft der Taliban war Mottaki Bildungs- und Informationsminister. Laut dem deutschen Afghanistan-Experten Thomas Ruttig ist er einer der ältesten und einflussreichsten Mitglieder in der Talibanbewegung. Er genieße breites Ansehen. Ruttig, der ihn als UN-Vertreter im Jahr 2000 getroffen hat, meint, Mottaki "wäre keine schlechte Wahl". Seine Begründung: "Er denkt politisch und ist kein Hardliner. Er hat für die Taliban wichtige Verhandlungen geführt und das Ansehen von Mullah Omar genossen." Auch er stammt allerdings nicht aus Kandahar, sondern aus Paktika.
  • 3. Mullah Yaqub, ältester Sohn des langjährigen, verstorbenen Talibanchefs Mullah Omar: Yaqub, der eine Religionsschule in Pakistan besucht haben soll, steuert laut Mitteilungen Militärkommissionen der Taliban in 15 Provinzen Afghanistans. Mit Ende 20 oder Anfang 30 könnte er von vielen als zu jung für den Chefposten wahrgenommen werden. Er wird als "sehr emotional" beschrieben. Aber als Sohn des verehrten Mullah Omar ist er auch eine Figur, die zerstrittene Fraktionen wieder versöhnen könnte.
  • 4. Mullah Abdul Manan Akhund, jüngerer Bruder des verstorbenen Talibanchefs Mullah Omar: Manan war nie sehr prominent unter den Taliban. Eine Rolle auf dem Schlachtfeld soll er nicht gespielt haben. Erst jüngst kam er zu mehr Ansehen und wurde im April, nach einem Bericht des "Long War Journal", zum Chef der Kommission für "Predigt und Ratschlag" ernannt. Dass er eine nicht kontroverse Figur ist, könnte aber ein Vorteil sein.
  • 5. Abdul Qayyum Zakir: Zakir war lange Chef der Militärkommission der Taliban und einer der wichtigsten Kommandanten auf dem Schlachtfeld. Von 2001 bis 2007 war er im US-Terroristengefängnis Guantanamo Bay inhaftiert. Nach seiner Freilassung kehrte er auf das Schlachtfeld zurück. 2014 wurde er wegen Auseinandersetzungen mit Mullah Mansour als Chef der Militärkommission entlassen. Zakir stammt aus Helmand, wo die Taliban einen ihrer wichtigsten Kämpfe um mehr eigenes Territorium führen. Das könnte ein Pluspunkt für ihn sein.
  • 6. Haibatullah Akhundzada: Der zweite Mansour-Stellvertreter genießt als religiöser Gelehrter und hochrangiger Talibanrichter Achtung und Respekt unter vielen Taliban. Zudem stammt er aus dem Kernland der Talibanführung, der Südprovinz Kandahar. Es gibt aber Stimmen, die sagen, ihm fehle es an der nötigen Härte zu führen.

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