Nach Manning: Lässt sich Assange nun ausliefern?

Der Wikileaks-Gründer hatte sich zu einer Auslieferung bereit erklärt, falls Whistleblowerin Chelsea Manning begnadigt werde. Dies ist nun passiert.

Nach der Begnadigung der inhaftierten Wikileaks-Informantin Chelsea Manning richtet sich das Augenmerk nun auf den Gründer der Enthüllungsplattform, Julian Assange. Der seit Jahren in Ecuadors Botschaft in London festsitzende Australier hatte sich jüngst zu einer Auslieferung an die USA bereit erklärt, sollte Manning begnadigt werden. In seiner ersten Reaktion schwieg er am Dienstagabend jedoch dazu.

Assange bezeichnete die Whistleblowerin in einer von seinen Anwälten verbreiteten Erklärung als "Heldin", die niemals hätte verurteilt werden dürfen und sofort auf freien Fuß gehöre. Offen blieb, ob Assange nun tatsächlich bereit ist, sich an die USA ausliefern zu lassen. In einer Twitter-Nachricht von Wikileaks hieß es nach der drastischen Strafverkürzung für Manning, Assange sei zuversichtlich, "jeden fairen Prozess in den USA gewinnen zu können". Das Justizministerium habe unter dem - am Freitag aus dem Amt scheidenden - US-Präsidenten Obama eine Verteidigung im öffentlichen Interesse und eine "faire Jury" verhindert.

Freilassung im Mai

Nach Manning: Lässt sich Assange nun ausliefern?
Chelsea Manning is pictured in this 2010 photograph obtained on August 14, 2013. Courtesy U.S. Army/Handout via REUTERS ATTENTION EDITORS - THIS IMAGE WAS PROVIDED BY A THIRD PARTY. EDITORIAL USE ONLY
Obama hatte Mannings Haftstrafe am Dienstag von 35 auf sieben Jahre verkürzt. Sie soll nun im Mai freikommen. Manning hatte im US-Militär gedient und Wikileaks Hunderttausende geheime Dokumente des US-Militärs und des Außenministeriums zugespielt. Sie gaben Einblick in brisante Botschaftsdepeschen und Fehlverhalten des US-Militärs, wodurch die Regierung schwer unter Druck geriet.

Mannings Anwälte Nancy Hollander und Vince Ward wiesen nach der Begnadigung darauf hin, dass Manning die am längsten in Haft sitzende Whistleblowerin der US-Geschichte sei. 35 Jahre Gefängnis für die Verbreitung von Informationen im öffentlichen Interesse seien überzogen, zumal Manning den Vereinigten Staaten damit keinen Schaden zugefügt habe. Mit dem Straferlass werde "der Gerechtigkeit genüge getan".

Nach Manning: Lässt sich Assange nun ausliefern?
(FILES) This file photo taken on July 30, 2013 shows US Army Private First Class Bradley Manning leaving a military court facility after hearing his verdict in the trial at Fort Meade, Maryland. US President Barack Obama commuted the sentence of Manning a transgender woman now known as Chelsea Manning, who is serving 35 years behind bars for leaking classified US documents, the White House said January 17, 2017. / AFP PHOTO / SAUL LOEB

Snowden dankt Obama

Auch der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden begrüßte die Begnadigung Mannings und schrieb auf Twitter: "Danke, Obama." Snowden hatte selbst als Whistleblower die NSA-Abhöraktionen öffentlich gemacht und muss eine hohe Strafe in den USA befürchten, falls er aus seinem Asyl in Russland dorthin zurückkehrt.

Assange war vor mehr als vier Jahren in die Botschaft Ecuadors in London geflüchtet, um einer Festnahme zu entgehen. Gegen ihn liegt ein europäischer Haftbefehl wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden vor. Aus Furcht, zunächst dorthin und dann schließlich in die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm eine lange Haft drohen könnte, suchte er Unterschlupf in der ecuadorianischen Botschaft.

Nach Manning: Lässt sich Assange nun ausliefern?
FILE PHOTO: The U.S. Disciplinary Barracks at Fort Leavenworth, Kansas, where Chelsea Manning is currently being held, is pictured in this photo courtesy of the U.S. military barracks public affairs department. REUTERS/U.S. military barracks public affairs department/Handout/File Photo FOR EDITORIAL USE ONLY. NOT FOR SALE FOR MARKETING OR ADVERTISING CAMPAIGNS.
Das amerikanische Justizministerium hat bisher keine Anklage gegen Assange bekanntgegeben. In den USA kann eine Anklageschrift aber versiegelt werden, damit ihr Inhalt nicht bekannt wird. Es ist unklar, ob das im Fall Assange geschehen ist.

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