Russland setzt Anti-Schwulen-Gesetz für Olympia aus

epa03654259 Demonstrators participate in a protest organised by the gay interest organization COC, near the National Maritime Museum, where Putin is having dinner, in Amsterdam, the Netherlands, 08 April 2013. Russian President Vladimir Putin is on working a visit to the Netherlands. The protesters were denouncing a so-called 'homosexual propaganda ban' in Russia which was enacted in January 2013. EPA/ROBIN UTRECHT
Wer in Russland über Homosexualität spricht, wird bestraft. Während der Spiele in Sotschi will der Kreml das umstrittene Gesetz nun aber nicht anwenden – ein Schritt, der Befremden auslöst.

Sich in Russland öffentlich zu outen, ist nicht nur gesellschaftlich schwierig, sondern auch rechtlich – seit Juni dieses Jahres steht „Homosexuellen-Propaganda“ in der gesamten russischen Föderation unter Strafe. Dass davon natürlich auch jene Sportler, Funktionäre und Fans betroffen sein werden, die kommendes Jahr zu den Winterspielen in Sotschi reisen, hat nun offenbar auch den Kreml beschäftigt. Die überraschende Konsequenz daraus: Russland will sein neues Anti-Homosexuellen-Gesetz bei den Spielen nicht anwenden.

„Wir sind nicht interessiert daran, unsere Gäste am Genuss der Spiele zu hindern oder ihre Rechte einzuschränken“, wird der Sprecher des Vize-Regierungschefs Dmitri Kosak von der Agentur dpa zitiert. Auch das Internationale Olympische Komitee hatte zuvor schon von der Kehrtwende in Moskau berichtet: „Das IOC hat von höchster Regierungsstelle in Russland Zusicherungen erhalten, dass das Gesetz diejenigen, die an den Spielen teilnehmen, nicht betreffen wird.“

Wie die Regelung allerdings genau aussehen soll, ist noch offen – die Regierung in Moskau denke über ein einschränkendes Dekret nach, so die Auskunft. Eine endgültige Entscheidung sei noch nicht getroffen: „Ich bin sicher, dass wir eine juristisch einwandfreie Lösung finden“, sagte Kosak-Sprecher Dschus.

Bestrafung in Moskau, Straffreiheit in Sotschi

Die Möglichkeit einer temporären oder lokalen Aufhebung ist auch eine wichtige Frage – und sie löst bei jenen, die das Gesetz von Beginn an scharf kritisiert haben, Befremden aus: „Das ist zwar eine politische Geste. Es ist aber juristisch völlig unmöglich, dieses Gesetz mal eben auszuschalten für die Spiele“, sagte der bekannte Homosexuellen-Aktivist Nikolai Alexejew zur dpa. „Dafür braucht es eine neue Entscheidung des Parlaments“, so Alexejew. Es sei „nicht nachvollziehbar, warum in Sotschi das Gesetz nicht gelten soll, während es im übrigen Land weiter gegen Homosexuelle angewandt wird.“

So wäre es gemäß der Kreml-Pläne weiterhin möglich, in Moskau wegen einer positiven Äußerung über Homosexuelle verhaftet zu werden – oder, wie kürzlich geschehen, als Ausländer mit einem dreijährigen Einreiseverbot belegt zu werden -, während man in Sotschi straffrei bleibt. Alexejew kündigte auf jeden Fall an, für den Tag der Eröffnung der Winterspiele am 7. Februar 2014 eine Schwulen- und Lesbenparade in Sotschi zu beantragen.

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