Nach dem Rücktritt von Premier Renzi sind in Italien viele Szenarien möglich

Neuwahl mit einem Berlusconi-Comeback und einem Politclown Grillo als Sieger? Übergangs- oder Expertenregierung? Ein KURIER-Überblick.

Wie geht es nach der Rücktrittsankündigung von Premier Renzi weiter?

Nach 1000 Tagen relativer politischer Stabilität stürzt Italien wieder ins Chaos. Renzi wird auf Wunsch von Staatspräsident Sergio Mattarella im Amt bleiben bis das Budget 2017 verabschiedet ist. Erwartet wird sein Rücktritt für das Wochenende. Danach ist eine Übergangsregierung bis zu den Parlamentswahlen 2018 wahrscheinlich. Möglich wäre auch eine technische Regierung aus parteiunabhängigen Juristen und Ökonomen, die ein neues Wahlgesetz ausarbeitet, bevor es zu Neuwahlen kommt.

Warum scheiterte Renzi?

Anhänger der Fünf-Sterne-Bewegung, aber auch Leute der rechtsextremen Lega Nord sowie ein Bündnis aus Rechtsparteien und Teile der Linken wollten Renzi stürzen. Der Anteil jener Leute, denen es um inhaltliche Dinge ging, dürfte verhältnismäßig klein gewesen sein. Der Großteil wollte der Mitte-links-Regierung von Renzi eine Abfuhr erteilen. Inhaltlich ging es bei dem Referendum unter anderem um eine Einschränkung der Befugnisse des Senats, um so Gesetze leichter durchzubringen.

Nach dem Rücktritt von Premier Renzi sind in Italien viele Szenarien möglich

Wer profitiert von Renzis Sturz?

Komiker Beppe Grillo und seine Vertreter der Fünf-Sterne-Protestbewegung jubeln und drängen auf rasche Neuwahlen. Laut Umfragen könnte die Bewegung bei Parlamentswahlen über 30 Prozent der Stimmen schaffen. Das würde Renzis Demokratische Partei in die Opposition drängen. Die Aversion gegen Renzi war zentral in der aggressiven Fünf-Sterne-Kampagne gegen die Verfassungsreform. Die "Fünf Sterne" konnten bei den Bürgermeisterwahlen in Turin und Rom punkten – wobei die Führung unter Virginia Raggi in Rom äußerst chaotisch verläuft. Rückenwind spürt auch die ausländerfeindliche Lega Nord, die zur stärksten Einzelpartei im Mitte-rechts-Lager aufrücken will. Lega-Chef Matteo Salvini will an der Spitze einer Mitte-rechts-Allianz für das Amt des Regierungschefs kandidieren, sollte es Neuwahlen geben.

Welche Gefahren drohen durch Grillos "Fünf Sterne" und die Lega Nord?

Sowohl Grillo als auch Salvini gelten als Euro-Gegner. Unter beiden könnte es zu einer Volksabstimmung über einen EU-Austritt Italiens kommen.

Könnte Ex-Premier Silvio Berlusconi noch einmal mitmischen?

Berlusconis Partei Forza Italia hat dank des Referendum-Wahlkampfes für das Nein einen unerwarteten Energieschub erlebt. Nach Jahren der Krise hofft die rechtskonservative Partei auf Neuwahlen, bei denen Berlusconi sogar wieder als Spitzenkandidat antreten könnte. Beobachter sehen eine Rückkehr aufgrund des angeschlagenen Gesundheitszustands des 80-jährigen Tycoons aber skeptisch.

Gibt es Freude im linken Lager über Renzis Fall?

Ja, Renzis Sturz ist auch ein Sieg des linken PD-Flügels. Die linke Altherrenriege, die Renzi bei seinem Amtsantritt 2014 "rottamare", verschrotten, wollte, sieht jetzt eine Chance auf ein Comeback. Ihnen waren Renzis Machtstreben und seine liberale Haltung in Wirtschaftsfragen ein Dorn im Auge. Angeführt wird der linke PD-Flügel von Ex-Premier Massimo D’Alema, der gegen Renzi intrigierte.

Wer ist als Renzi-Nachfolger im Gespräch?

Als möglicher Kandidat gilt der international angesehene, parteiunabhängige Wirtschafts- und Finanzminister Pier Carlo Padoan. Weiters gilt Kulturminister Dario Franceschini als möglicher Nachfolger. Senatspräsident Pietro Grasso, früherer Antimafia-Staatsanwalt, hat ebenfalls gute Chancen. Auch Infrastruktur-Minister Graziano Delrio – ein enger Verbündeter Renzis – könnte Chef einer Übergangsregierung werden.

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