Nach Anschlägen: 3 Monate Ausnahmezustand in Ägypten

Viele Menschen auf der Straße stehen hinter Polizisten
Al-Sisi verhängt nach Anschlägen dreimonatigen Ausnahmezustand. Die Terrormiliz IS drohte mit neuer Gewalt gegen Christen.

Nach den Anschlägen auf zwei koptische Kirchen mit dutzenden Toten hat der ägyptische Staatschef Abdel Fattah al-Sisi den Ausnahmezustand verhängt. Dieser gelte für drei Monate, sagte der Präsident am Sonntagabend in seinem Amtssitz in der Hauptstadt Kairo. Bei Anschlägen auf christlich-koptische Kirchen in den nordägyptischen Städten Tanta und Alexandria waren am Sonntag zuvor mehr als 40 Menschen getötet und etwa 120 verletzt worden. Politiker und religiöse Führer weltweit verurteilten die Anschläge. US-Präsident Donald Trump sprach Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi das Vertrauen aus, die Situation "angemessen" zu behandeln.

Nach den verheerenden Anschlägen in Ägypten soll die Armee des Landes wichtige Gebäude schützen. Al-Sisi habe den Befehl zur "sofortigen Abstellung von Armee-Einheiten" im gesamten Land gegeben, berichtete das staatliche Fernsehen. Damit solle die Polizei unterstützt werden. Das Militär spielt in Ägypten eine sehr wichtige Rolle und war bereits vor den Anschlägen vom Sonntag allgegenwärtig in der Öffentlichkeit.

Nach den verheerenden Anschlägen hat die Terrormiliz IS mit neuer Gewalt gegen Christen gedroht. Die "Kreuzzügler" und "Ungläubigen" würden mit dem Blut ihrer Söhne bezahlen, hieß es in einer Mitteilung im Namen des Islamischen Staates, die am Sonntag über IS-nahe Kanäle veröffentlicht wurde. Die Echtheit konnte zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Die Messe in der koptischen Kirche St. Georg in der nordägyptischen Stadt Tanta war am Palmsonntag sehr gut besucht, als ein furchtbarer Knall das Gotteshaus erschütterte. Ein Selbstmordattentäter hat sich in die Luft gesprengt, wie geschockte Augenzeugen berichteten. Mindestens 25 Menschen wurden bei dem Anschlag im größten christlichen Gotteshaus der Region im Nildelta getötet und 78 verletzt.

Wenige Stunden später die nächste Attacke auf Gläubige: Ein Selbstmordattentäter sprengte sich in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria nahe der St. Markus Kirche in die Luft. Dabei starben mindestens 16 Menschen und 41 wurden verwundet. Nach Informationen der staatlichen Zeitung Al-Ahram wollte der Terrorist in die Kirche, aber ihm wurde der Einlass verwehrt. Daher zündete er seinen Sprengstoffgürtel erst nach dem Gottesdienst auf einer Straße. Das Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche, Papst Tawadros II., der die Messe gefeiert hatte, entging dem Terror in Alexandria unverletzt.

Papst-Besuch Ende April

Der gestrige Palmsonntag markiert damit den Tag der schwersten Angriffe auf Christen in Ägypten seit Jahren – und die Terrormiliz „Islamischer Staat“ reklamierte sie für sich. Die Bluttaten ereigneten sich kurz vor dem Ägypten-Besuch von Papst Franziskus, der für 28. und 29. April geplant ist. Dabei will der Papst auch mit einem Zusammentreffen mit Papst Tawadros II. seine Solidarität mit den Kopten zum Ausdruck bringen.

Beim Angelusgebet am Palmsonntag verurteilte Franziskus den Anschlag in Ägypten und auch in Schweden. Er bete für die Opfer und deren Angehörige, sowie für all jene, die wegen Kriegen leiden, sagte Franziskus. Kriege seien eine Plage der Menschheit. Gott bekehre die Herzen der Menschen, die " Terror, Gewalt und Tod" verbreichen, sagte der Papst. Er bete auch für die Bekehrung all jener, die mit Waffen handeln.

Nach Anschlägen: 3 Monate Ausnahmezustand in Ägypten
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"Ungläubige" im Visier

Die Kopten bilden die größte christliche Religionsgemeinschaft im Nahen Osten – und werden als „Ungläubige“ vom IS ins Visier genommen. Erst kurz vor Weihnachten forderte ein Sprengstoffanschlag auf die koptische Kathedrale in Kairo 29 Menschenleben, 47 wurden verletzt. Die Bilder von der Köpfung 21 entführter koptischer Gastarbeiter in Libyen schockten 2015 die ganze Welt. Zuletzt hat der IS im Februar in einem Video zu Gewalt gegen Ägyptens Kopten aufgerufen. Hunderte Angehörige der christlichen Minderheit flohen daraufhin von der Sinai-Halbinsel, wo der IS starke Bastionen hat. Daran konnten auch die Einsätze des ägyptischen Militärs bisher wenig ändern.

"Widerwärtige Tat"

„Der Terrorismus trifft Ägypten erneut, dieses Mal am Palmsonntag“, twitterte der Sprecher des Außenministeriums in Kairo. Es sei eine weitere „widerwärtige Tat“ gegen alle Ägypter. Staatschef Abdel Fattah al-Sisi hat den nationalen Sicherheitsrat einberufen, um über „Konsequenzen“ zu beraten.

Solidarität

Die EU und viele einzelne Staaten rund um den Globus versicherten Ägypten ihrer Solidarität im Kampf gegen den Terrorismus. Russlands Präsident Putin, selbst ein bekennender orthodoxer Christ, betonte in einem Schreiben an al-Sisi, dass alle Staaten im Kampf gegen den Terrorismus zusammenstehen müssen. Österreichs Kanzler Kern sprach von einem „feigen“ Anschlag, er habe al-Sisi seine Anteilnahme und Betroffenheit versichert. Vizekanzler Mitterlehner trauert mit den Angehörigen und betont, der Terror müsse bekämpft und die Christenverfolgung verhindert werden.

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