Mursi begnadigt inhaftierte Revolutionäre

Mursi begnadigt inhaftierte Revolutionäre
Der ägyptische Präsident erlässt eine Generalamnestie für alle Häftlinge, die derzeit wegen "Unterstützung der Revolution" einsitzen.

Ein "wichtiger Sieg für die Revolution": Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi hat eine Amnestie für alle Demonstranten erlassen, die wegen des Volksaufstands gegen Machthaber Hosni Mubarak verhaftet wurden. Mit dem Dekret sollen alle, die zwischen dem 25. Jänner 2011 und dem 30. Juni 2012 in Verbindung mit Aktivitäten "zur Unterstützung der Revolution" eingesperrt wurden, freikommen.

Davon könnten mehr als 1000 Demonstranten profitieren, gegen die derzeit Prozesse laufen. Mursis Rechtsberater Mohammed Gadallah sprach von "einem der wichtigsten Siege der Revolution".

Auch die Demonstranten gegen den Militärrat, der Mubarak zunächst ablöste, sind davon erfasst. "Das zeigt, dass die Revolution nun an der Macht ist und Entscheidungen lenkt", sagte Gadallah. Das Justizsystem werde jetzt die Revolutionäre schützen.

"Ein großer Schritt, aber nicht genug"

Mursi hatte seit seinem Amtsantritt Ende Juni schon mehr als 500 Zivilisten begnadigt, die von Militärtribunalen verurteilt worden waren. Mehr als 12.000 Ägypter waren wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Hooliganismus vor Militärtribunale gestellt worden. Ausgenommen von der Amnestie sind Angeklagte, die sich wegen vorsätzlichen Mords verantworten müssen.

Ahmed Seif, Mitglied eines von Mursi eingesetzten Komitees zur Prüfung von aus der Revolution stammenden Rechtsfällen, beurteilte das Dekret differenziert. "Es ist ein großer Schritt, aber nicht genug", sagte Seif. "Jetzt wird es Diskussionen dazu geben, wie die Begnadigungen umgesetzt werden."

Hunderttausende Ägypter hatten sich im Zuge des sogenannten Arabischen Frühlings an den Demonstrationen beteiligt, die auch den Sturz des langjährigen ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak zur Folge hatten. Die Amnestie gilt gleichermaßen für Verurteilte, Untersuchungshäftlinge und solche Verdächtige, die noch mit Ermittlungen der Justiz rechnen mussten. Mursi ging aus der Präsidentschafswahl im Frühjahr als Sieger hervor.

Rechte von Frauen eingeschränkt

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte unterdessen den ägyptischen Verfassungsentwurf: Rechte von Frauen und Minderheiten sowie der Religions- und Meinungsfreiheit würden darin eingeschränkt. Am Montag sandte die Organisation einen Brief an die 100 Mitglieder der Verfassungsgebenden Versammlung mit Forderungen, den Entwurf zu überarbeiten.

Zwar seien einige politische Rechte im Entwurf enthalten, doch Folter oder Frauen- und Kinderhandel beispielsweise seien nicht explizit verboten. Auch sei die Gleichheit zwischen Mann und Frau nicht garantiert. Es besteht die Befürchtung, dass die bei den Wahlen siegreichen islamistischen Gruppen der Salafisten und Muslimbrüder Einfluss auf die neue Verfassung nehmen. Der Entwurf soll kommenden Monat fertig sein und dann innerhalb von 30 Tagen dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden.

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