Moskau will Föderalisierung der Ukraine

Moskau soll mäßigend auf die Ostukraine einwirken, wünscht die EU. Doch Russland verfolgt eigene Ziele.

Während im Osten der Ukraine die gewaltsamen Proteste prorussischer Demonstranten weitergingen, wartet man im Westen gespannt auf ein geplantes Treffen von Vertretern der russischen und amerikanischen Regierungen. Die Außenminister John Kerry und Sergej Lawrow hatten das für die kommenden Tage vereinbart. Auch Vertreter der Ukraine und der EU könnten dann mit am Tisch sitzen. Brüssel und Washington fordern schon lange Direktgespräche zwischen Moskau und Kiew.

Kerry verlangte von seinem Amtskollegen am Telefon auch, sich von "Separatisten, Saboteuren und Provokateuren" in Charkiw, Donezk und Lugansk öffentlich zu distanzieren. Sprecher des Weißen Hauses hatten am Montag Vermutungen geäußert, dass die prorussischen Demonstranten von Moskau "bezahlte Provokateure" sein könnten. "Genug der Anschuldigungen", hieß es dazu nur aus Lawrows Ministerium.

In der EU wünscht man sich, dass Moskau mäßigend auf die Kräfte in der Ostukraine einwirke. Doch glaubt man Beobachtern, dann verfolgt Moskau ohnehin eine andere Strategie.

"Selbes Drehbuch"

Moskau will Föderalisierung der Ukraine
Russia's Foreign Minister Sergei Lavrov attends a news conference in Moscow, April 8, 2014. Lavrov on Tuesday dismissed U.S. accusations that Moscow was destabilising Ukraine and said the situation could improve only if the interests of Russian speakers are taken into account. Speaking at a joint news conference in Moscow with Angolan Foreign Minister Georges Chikoti, Lavrov reiterated Moscow's call for constitutional reforms in Ukraine to guarantee the rights of Russian speakers there. REUTERS/Sergei Karpukhin (RUSSIA - Tags: POLITICS)
Die Sezessionisten "folgen demselben Drehbuch wie auf der Krim", malte die New York Times gestern im Leitartikel ein düsteres Bild. Zuerst die öffentlichen Gebäude besetzen, dann die Unabhängigkeit ausrufen, dann ein Referendum über die Annexion an Russland planen. (Im März hatte sich die Bevölkerung der autonomen Region in einem umstrittenen Referendum für die Abspaltung der Krim von der Ukraine ausgesprochen. Sie wurde an Russland angeschlossen.)

Ein solches Szenario sei jedenfalls "nicht länger auszuschließen." Auch wenn Putin selbst nach der Annexion der Krim die autonome Provinz vom Rest der Ukraine unterschied. Das US-Blatt warnt vor einem "neuen Kalten Krieg".

Stärkere Provinzen

Amerikanische Experten glauben, dass die Unruhen in Donezk, Charkiw und Lugansk vor allem eines bezwecken sollen: Kiew am Verhandlungstisch in ein Arrangement zu zwängen, das für Moskau akzeptabel oder gar wünschenswert ist.

Das könnte so aussehen: Eine föderale Struktur für die Ukraine, in der die Provinzen eine nennenswerte Autonomie von Kiew haben. Der Kreml wünscht sich zudem eine Garantie, dass die Ukraine nicht der NATO beitritt.

Föderalisierung würde bedeuten, dass Regionalchefs nicht mehr von Kiew bestellt, sondern von der Bevölkerung gewählt würden. Die Regionen könnten die Steuern selbst einheben, über die Amtssprachen selbst bestimmen. Moskau könnte sich so seinen Einfluss in den östlichen Regionen – auch ohne deren Annexion – sichern.

Dafür spricht, dass sogar die pro-europäische Regierung in Kiew einsieht, dass eine gewisse Dezentralisierung notwendig ist. Doch eine Föderalisierung würde die Regierung – egal wie diese in Zukunft aussieht – schwächen. Gleichzeitig hofft Russland, dass sich die durch eine Föderalisierung gestärkten ostukrainischen Regionalregierungen eher an Moskau orientieren als an Kiew. Vor allem ökonomisch.

Aus Kiew kommt kaum Zustimmung für die Föderalisierung. Nicht einmal mehr von der pro-russischen Partei der Regionen. Moskaus Pläne zerstörten die ukrainische Staatlichkeit, heißt es aus dem Außenministerium in Kiew.

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